Einkaufen fürs gute Gewissen

Wie bio können Eier eigentlich sein?

28. März 2018 von

Bio boomt. Ob Reformhaus, Supermarkt oder Discounter – überall gibt es ökologisch erzeugte Lebensmittel. Vor allem Bio-Eier werden überdurchschnittlich stark nachgefragt. In den letzten zehn Jahren hat sich der Konsum fast verdreifacht. Weil die Bio-Landwirte in größerem Stil produzieren, werden auch die Eier aus ökologischer Haltung immer erschwinglicher. Beim Griff zu Bio-Eiern haben wir eine artgerechte Tierhaltung und Hennen auf grünen Wiesen vor dem inneren Auge. Aber wie bio sind Bio-Eier wirklich?

Legehennenhaltung in Zahlen

Laut „Statistischem Bundesamt“ kauften wir im Jahr 2016 mit 63 Prozent unsere Eier nach wie vor am häufigsten aus konventioneller Bodenhaltung. Bodenhaltung bedeutet: geschlossener Stall, neun Hennen pro Quadratmeter, bis zu 6.000 Tiere in einer Gruppe.

Die Freilandhaltung machte knapp 17 Prozent aus. Immerhin rund elf Prozent der Hennen werden mittlerweile auf Bio-Bauernhöfen gehalten. Zwar wurde in Deutschland im Jahr 2010 die Käfighaltung verboten, in der Nachfolgeform der ausgestalteten Käfige leben aber immer noch rund neun Prozent der Legehennen, das sind immerhin 3,4 Millionen Tiere.

Regeln der ökologischen Tierhaltung

In der Produktion von Bio-Eiern müssen die Landwirte von allen Haltungsformen die strengsten Regeln einhalten, erklärt Marietheres Reinke, Tierärztin und Fachreferentin für Tierproduktion der „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt“.

Im Stall: Die Legehennen dürfen nur in offenen Ställen mit einem ständigen Zugang zum Freigelände gehalten werden. Jedem Huhn stehen vier Quadratmeter Auslauf zu. Außerdem haben die Hennen mehr Platz im Stall: Pro Quadratmeter Stallfläche leben sechs Legehennen, statt neun in der konventionellen Haltung. Jede Henne hat das Recht auf 18 Zentimeter Sitzstange, statt 15 Zentimetern, und es dürfen nur maximal 3.000 Hennen in einer Gruppe gehalten werden.

Beim Futter: Jede Tagesration muss Raufutter, also Stroh, Heu oder Silage, enthalten. Das Raufutter sorgt unter anderem für Abwechslung im Stall. Antibiotika als Leistungsförderer, gentechnisch verändertes Futter und Fischmehl sind in der Produktion von Bio-Eiern verboten.

Schnabelkürzen: In der Biohaltung ist das Schnabelkürzen verboten. Legehennen sind durch die Haltungsbedingungen und die Gruppengröße gestresst, es fehlt an Beschäftigungsmöglichkeiten, das Resultat sind Federpicken und Kannibalismus. Die konventionelle Landwirtschaft reagiert darauf mit systematischem Schnabelkürzen, was allerdings nicht das gestörten Verhalten verhindert, sondern nur die Schäden reduziert.

Medikamente: Sind die Hühner krank, muss mit Naturheilmitteln gearbeitet werden. Erst wenn das nichts bringt, dürfen „laut EU-Basis-Verordnung, Antibiotika unter strengen Bedingungen verwendet werden“, so Tierärztin Marietheres Reinke, allerdings sieht sie auch Schwachstellen in der ökologischen Eierproduktion.

Diese Probleme gibt es auch bei Bio-Eiern

Auslauf ohne Garantie: Zwar steht den Hennen Auslauf zu, allerdings nur „wenn Witterungsbedingungen und Bodenbeschaffenheit es zulassen. Insgesamt ist der Zugang während mindestens einem Drittel der Lebensdauer verpflichtend“, erklärt Reinke. Das zu kontrollieren, ist sehr schwierig. Im Rahmen mehrerer Recherchen von „Animal Rights Watch“ wurden mehrere Bio-Haltungen dokumentiert, bei denen den Hühnern der Zugang ins Freie teilweise verwehrt wurde.

Der Stall ist voll: Auch eine Gruppe von 3.000 Tieren ist nach wie vor sehr groß, denn in der Natur leben Hühner in Gruppen von fünf bis 20 Hennen und einem Hahn zusammen. Zudem wird der Auslauf durch die Tiere nur teilweise genutzt. Die Hennen bleiben in Stallnähe, denn offenes Freiland versetzt die Tiere in Panik, weil sie keinen Schutz vor möglichen Gefahren aus der Luft haben.

Schnabelkürzen mit Genehmigung erlaubt: Zwar ist das routinemäßige Schnabelkürzen verboten, allerdings sind auch die Hühner der biologischen Landwirtschaft Hochleistungsrassen, die anfällig für Verhaltensstörungen sind. In dringenden Fällen kann die zuständige Behörde das Schnabelkürzen unter angemessener Betäubung genehmigen.

Küken-Töten auch bei Bio: „Da es bisher keine Bio-Brütereien und kaum Bio-Legehennenrassen für den großen Bio-Eiermarkt gibt, werden auch hier die männlichen Küken getötet“, erklärt Reinke von der „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt“. Denn die männlichen Küken der Legehennenrasse setzen langsamer Fleisch an als die Küken der Mastrasse. Eine Aufzucht ist deshalb aus wirtschaftlicher Sicht „sinnlos“. Die Produktion von Bio-Eiern unterstützt also das Aussortieren und Töten von jährlich rund 45 Millionen männlichen Küken.

Zweinutzungshühner – eine Alternative?

Die „Ökologische Tierzucht Deutschland“ – getragen von „Demeter“ und „Bioland“ – will mit dem Zweinutzungshuhn eine Alternative zur Hochleistungszucht aufzeigen und Bio-Eier von Anfang an produzieren. Bei dieser Rasse lassen sich auch männlichen Küken für die Fleischproduktion „nutzen“. So werden die männlichen Küken nicht massenhaft nach dem Schlüpfen getötet, sondern erst nach der Mast geschlachtet. Aber auch die großen konventionellen Zuchtunternehmen ziehen mit. Der Global Player „Lohmann Tierzucht“ züchtet zum Beispiel die Linie „Lohmann Dual“.

Andere Initiativen, wie die „Bruderhahn Initiative“, mästen trotz des geringen und langsamen Fleischwachstums die männlichen Küken der Legehennenrasse. Die Mehrkosten werden mit rund vier Cent auf die Eier aufgeschlagen.

Das grundlegende Problem bleibt für Marietheres Reinke aber bestehen: „Die Haltung und Züchtung von Zweinutzungshühnern kann als Versuch gewertet werden, eine Alternative zur extremen Überzüchtung der Tiere in der heutigen Tierproduktion aufzuzeigen. Jedoch bleibt das ethische Problem des unnötigen Tötens von Tieren für die Herstellung von Nahrungsmitteln hierzulande bestehen.“

Auf was können wir achten?

Der Eier-Hunger hierzulande ist groß: Im Jahr 2016 konsumierte jeder von uns im Schnitt 235 Stück – Tendenz steigend. Auf was können Verbraucher und Verbraucherinnen achten, die nicht auf Eier verzichten möchten?

Fakt ist, der alleinige Blick auf den Preis führt automatisch dazu, dass auch Bio-Eier so günstig wie möglich produziert werden. Das bedeutet, dass die Landwirte die Kriterien der EU-Bio-Siegel mit minimalstem Aufwand erfüllen. Fakt ist aber auch: Selbst die minimalsten Bio-Kriterien sind für die Tiere besser als keine.

Im Supermarkt lässt sich die Herkunft der Eier an ihrem aufgedruckten Code ablesen. Jeder Code beginnt mit einer Zahl: 0 steht für ökologische Landwirtschaft, 1 für Freilandhaltung, 2 für Bodenhaltung, 3 für die Haltung in ausgestalteten Käfigen. Aber auch bei dieser Kennzeichnung gibt es immer wieder Ungereimtheiten, vor allem bei importierten Eiern, wie „Report Mainz“ nach monatelanger Recherche herausfand.

Die Siegel von „Demeter“, „Bioland“ und „Naturland“ gewährleisten für die Haltung von Legehennen strengere Bio-Kriterien und unterstützen eine ganzheitliche Landwirtschaft.

Möchte man mit seinem Einkauf die Zucht von Zweinutzungshühnern unterstützen, gibt es die Initiativen: „Bruderhahn“, „Hahn und Huhn“, „ei care“, „Bruderküken“ und „Haehnlein“.

Die Entscheidung liegt bei uns

Auch bei Bio-Eiern ist nicht alles Gold, was glänzt. Bio-Eier sind teurer als konventionell produzierte Eier und auch in der ökologischen Landwirtschaft gibt es negative Beispiele. Fest steht aber auch: Unterm Strich haben die Hennen in der ökologischen Landwirtschaft mehr Platz und Auslauf, es gibt kein systematisches Schnabelkürzen, die Tiere werden nicht routinemäßig mit Medikamenten behandelt und sie bekommen ökologisch angebautes Futter, was auch der Umwelt zugutekommt.

Eier sind aufwendig in der Produktion und gelten im Übermaß auch nicht gerade als gesund. Wie viele Eier jeder konsumiert und welche Haltungsbedingungen wir für gut befinden und unterstützen möchten, das muss jeder von uns beim Einkauf selbst entscheiden.

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