Wilderei

Vogelfang am Mittelmeer: Das Geschäft mit den Zugvögeln

06. Okt. 2016 von

Jedes Jahr im Herbst machen sich Millionen Zugvögel auf gen Süden, um der winterlichen Kälte zu entkommen. Doch viele von ihnen schaffen es nicht bis ins ersehnte Winterquartier. Wilderer fangen die Vögel auf ihrem Weg ab, um sie auf Märkten als Delikatesse zu verkaufen.

Die Vogeljagd ist in ganz Europa eigentlich illegal. Regierungsvertreter der Mittelmeerstaaten trafen sich bereits im Juli in Kairo um Lösungen für dieses Problem zu finden.

Warum werden Vögel gefangen?

In einigen Ländern versucht man seltene Vogelarten wie den Wachtelkönig, den Wiedekopf oder den Pirol mit viel Engagement und kostspieligen Projekten zu schützen, in anderen hingegen werden sie illegal und auf brutale Weise verfolgt und getötet. Die Fangmethoden reichen hierbei von Fangnetzten und -käfigen über Bogen- und Schlagfallen bis zu gigantischen Großfanganlagen.

Pirol

In vielen Ländern entlang der Mittelmeerküste wie Frankreich, Malta, Zypern, Italien, Syrien und dem Libanon gelten bestimmte Vogelarten nämlich als Delikatesse. Mit ihrem Verkauf auf Märkten und an Spitzenköche machen Wilderer lukrative Millionengeschäfte.

Tierschützern bereitet die illegale Jagd schon länger Probleme. Laut Ornithologe Lars Lachmann vom „Naturschutzbund Deutschland“ (NABU) habe der Vogelfang speziell in Ägypten mittlerweile jedoch solch riesige Ausmaße angenommen, dass einige Arten in ihrer Existenz bedroht sind. Die Trends der letzten zwölf Jahre zeigen beispielsweise, dass von insgesamt zehn Arten, die jährlich von Deutschland über Ägypten Richtung Afrika ziehen, der Bestand von circa sechs Arten abnimmt.

Riesige Fangnetzanlagen entlang der ägyptischen Mittelmeerküste

Bereits 2013 entdeckte ein Filmteam des „Bayrischen Rundfunks“ entlang der ägyptischen Mittelmeerküste auf einer Strecke von 700 Kilometern Länge vom Gazastreifen bis zur libyschen Grenze riesige Fangnetze, die meist mit Lockvögeln oder Köderbeeren bestückt werden.

Laut einer Studie von „BirdLife International“ ist Ägypten das Land mit der größten Zahl getöteter Vögel. Während des Herbstzuges waren es insgesamt 12 Millionen, was einem Marktwert von circa 40 Millionen Euro entspricht. Von den 2000 Familien, die dort Vogelfang betreiben, fangen nur knapp 7 Prozent für den Eigenbedarf, für 60 Prozent der Jäger ist dieses Geschäft die wichtigste Einkommensquelle. Mittlerweile profitieren sie auch vom Verkauf in die reichen Golfstaaten, wodurch Angebot und Nachfrage noch weiter nach oben schnellen. Besonders begehrt sind dabei Wachteln, Turteltauben, Wachtelkönige, Ziegenmelker, Pirole oder Neuntöter.

Regierungen und Naturschutzbund arbeiten zusammen!

Der „NABU“ reichte bereits 2013 eine Unterschriftensammlung für eine Petition gegen die Vogeljagd ein und legte sie dem ägyptischen Botschafter in Berlin vor. Die Bundesregierung erarbeitete daraufhin gemeinsam mit einem Unterabkommen der „Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten“ (CMS) und der ägyptischen Regierung einen Aktionsplan. „BirdLife International“ unterstützt zusammen mit seiner nationalen Partnerorganisation „Nature Conservation Egypt“ (NCE) sowie des ägyptischen Umweltministeriums die Umsetzung dieses Plans.

Entwickelt wurde beispielsweise ein Monitoring-Programm zur Feststellung der Zahl der Fangnetze. Die Richtlinien der bestehenden Jagdregeln sollen nun hartnäckiger durchgesetzt werden. Außerdem soll der internationale Handel besser kontrolliert werden sowie wirtschaftliche Alternativen für Vogelfängerfamilien aufgezeigt und Informationskampagnen über die ökologischen Auswirkungen gestartet werden.

Im Juli kamen nun Regierungsvertreter und Arbeitsgruppen der „Bonner Konvention“ zusammen um über weitere Schritte zu entscheiden.

Ziegenmelker

Höheres Strafniveau und mehr Polizeieinheiten

Alle Mittelmeerstaaten sollen nun eigene Aktionspläne entwickeln, wobei die Fortschritte mit einem Vogelmord-Barometer erfasst werden, um besonders gefährdete Regionen ausfindig zu machen. Der ausgearbeitete Plan sieht vor das Strafmaß für Vogelwilderei deutlich hoch zu setzten und gemeinsam mit speziellen Polizeieinheiten zu verfolgen. Wichtig ist auch die Bevölkerung ausreichend und regelmäßig zu informieren, um das Problem mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.

Auch konnten endlich mit Hilfe der lokalen Polizei die ersten 2500 Meter der Fangnetze in Ägypten entfernt werden. Man hofft mit dieser Aktion wichtige Erkenntnisse zur Bekämpfung der Vogelwilderei für die kommenden Jahre zu erhalten. Auch aus Malta wurden positive Nachrichten gemeldet.

Abschüsse und Fang der Vögel gingen stark zurück, da die Strafen für illegale Wilderei deutlich erhöht wurden und eine gute Zusammenarbeit mit Umweltorganisationen ausgearbeitet werden konnten. In Italien wurden die letzten 92 Großfanganlagen, sogenannte „Roccoli“, bereits 2014 geschlossen. Mit eine der größten Errungenschaften im Kampf gegen den illegalen Vogelfang.