Leder-Produktion: Umweltsünde & eine Gefahr für die Gesundheit
Fair produzierte Mode auf dem Vormarsch. Immer mehr Labels arbeiten ausschließlich mit Firmen, deren Produktionsbedingungen sie selbst überwachen. Doch wenn es ums Leder geht, fangen die Schwierigkeiten an: Denn das gibt es eigentlich fast nirgendwo fair. Im Gegenteil, die Arbeitsbedingungen sind in den allermeisten Fällen lebensgefährlich, für Mensch und Umwelt.
Produktion stark gesundheitsschädigend
Das Leder, aus dem unsere Schuhe sind, kommt meist aus Ländern wie Indonesien, Bangladesch, Indien, China oder Marokko. Durch die häufige Berichterstattung in den letzten Jahren wissen wir, dass die Standards für Arbeitsschutz und faire Bezahlung dort so niedrig sind, wie nirgendwo sonst auf der Welt.
Gerade bei der Produktion von Leder hat das verheerende Folgen für die Arbeiter, die Anwohner der Fabriken, die Umwelt und am Ende sogar für uns. Denn 95% des in Deutschland verarbeiteten Leders wird mit Chrom gegerbt, einem hochgiftigen Stoff. Das dafür verwendete Chrom-III Salz ist krebserregend, die Dämpfe verursachen schwere Lungenschäden. Doch meist müssen die Arbeiter stundenlang ohne Schutzanzüge in der Gerbflüssigkeit stehen, müssen mit Armen und Händen darin arbeiten. Das führt dazu, dass laut WHO 90% der Gerbereimitarbeiter eine Lebenserwartung von nicht mehr als 50 Jahren haben.
Der giftige Gerbschlamm wird zu allem Überfluss in Gewässer oder einfach auf freie Flächen geleitet, so dass er das Wasser und den Boden in mehreren Kilometern Umkreis verseucht. Die Anwohner jedoch haben keine Wahl, sie trinken das Wasser und essen die Lebensmittel, die auf dem Chrom-getränkten Boden gewachsen sind.
Und auch für uns Verbraucher, die wir das Leder an den Füßen, als Handschuhe oder Jacke tragen, birgt das aggressive Gerben Risiken. Im Leder kann sich das Allergen Chrom-VI bilden, dass zu starken Hautausschlägen führen kann. Laut einer Untersuchung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit werden in vielen Lederprodukten auch noch nach dem Kauf Chrom-Werte nachgewiesen, die die Grenzwerte deutlich überschreiten. So fand die Stiftung Warentest 2013 in jedem fünften Kinderschuh Chrom-VI.
Ein Siegel für faires Leder
Für Lebensmittel und Textilprodukte wie Wolle und Baumwolle gibt es bereits Siegel, die von unabhängigen Stellen vergeben werden und deren Einhaltung überwacht wird. Für Leder gibt es das bisher so gut wie nicht, was dadurch begründet sein könnte, dass zur Herstellung von Leder viele verschiedene Produktionsschritte nötig sind. Diese alle zu überwachen, ist ein großer Aufwand und eine große Verantwortung. Möglich wäre es sicherlich, doch der öffentliche Druck scheint noch nicht groß genug zu sein, um Firmen zu diesen Schritten zu zwingen.
Der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaft e.V. hat zwei Siegel entwickelt, die Leder und seine Herstellung in unterschiedlichen Abstufungen zertifizieren. Doch leider findet man diese noch sehr selten auf den Etiketten von Lederprodukten.
Gerben mit Naturstoffen
Einzelne Labels, unter anderem aus Deutschland, beweisen, dass es auch anders geht. So setzt das Label Deepmello zum Beispiel auf Rhabarberleder. Ausschließlich mit den Inhaltsstoffen der leckeren Wurzel, die noch dazu in Sachsen-Anhalt angebaut wird, machen die Designer das Leder zu einer rundum gesunden Sache.
In einem Interview mit der ZEIT gibt Mitgründerin Anne-Christin Bansleben an, dass sogar die Tiere, deren Haut verarbeitet wird, nicht nur für ihre Kleidung gestorben sind. Verwendet werden nur Nutztiere, die in erster Linie zur Fleischerzeugung geschlachtet werden. Und: „Wir beziehen kein Leder von Mastbetrieben, weil man dem Leder ansehen würde, wenn die Tiere beispielsweise vor der Schlachtung getrieben wurden.“ Langfristig möchte sie ausschließlich Leder von Tieren aus Bio-Haltung verwenden. Doch vorher müsste das Verständnis beim Konsumenten noch wachsen, damit auch Narben im Leder, die zum Beispiel durch Verletzungen an Weidezäunen entstehen können, akzeptiert werden.
Wie so oft sind auch hier zuallererst wir, die Verbaucher, gefragt, denn nur wir können die Modeproduzenten durch gezieltere Nachfrage nach fairen Produkten auf lange Sicht dazu zwingen, beim Thema Lederproduktion umzudenken. Oder, eben ganz auf Leder zu verzichten.