Greenwashing: die Umwelt-, Klima- und Werbelügen der Unternehmen
„Natürlich“, „klimaneutral“ oder „nachhaltig“ - nach Schätzungen der Europäischen Kommission (EK) enthalten rund 53 Prozent der von Unternehmen gemachten Umweltangaben vage, irreführende oder unbegründete Informationen. Mit diesen Tricks lassen Dich Unternehmen glauben, dass sie einen Umweltgedanken verfolgen und Du mit dem Kauf ihrer Produkte der Umwelt etwas Gutes tust.
Was ist Greenwashing?
Unter „Greenwashing“, auf Deutsch „Grünwaschen“, versteht man eine Strategie von Unternehmen, sich durch gezielte Marketing- und PR-Maßnahmen nachhaltiger und umweltfreundlicher darzustellen, als sie es sind. Insbesondere Firmen, deren Produkte oder Dienstleistungen schädigende Auswirkungen auf die Umwelt haben, wollen diese verschleiern und damit ein „grünes Image“ gewinnen. Ob Lebensmittel, Kleidung, Kosmetik, Möbel oder Strom: Greenwashing findet in vielen Branchen statt.
Beispiele für Greenwashing in der Praxis
Greenwashing kann verschiedene Formen annehmen. So wird zum Beispiel ein umweltfreundliches Produkt einer Marke explizit beworben, um über das restliche, nicht nachhaltige Sortiment hinwegzutäuschen. Selbiges kann aber auch einfach nur weniger schädlich als das restliche Angebot sein. Auch Unternehmen lenken mit grünen Aussagen von ihrem umweltschädlichen Kerngeschäft ab. So nutzen nicht wenige Energieanbieter zwar hauptsächlich Kohlekraft, bewerben auf ihren Internetseiten, Flyern und Werbebroschüren aber groß und breit den Einsatz erneuerbarer Energien, der nur einen kleinen Teil ihres Geschäfts ausmacht. Und nicht zuletzt werden erfundene Gütesiegel wie „Getreide aus kontrolliertem Anbau“ gern genutzt, um über das Fehlen eines echten Gütesiegels hinwegzutäuschen.
Beliebte Greenwashing-Praktiken
Kosmetikverpackungen aus so genanntem Ozeanplastik
Der Begriff suggeriert, dass die Verpackung aus Meeresmüll hergestellt wird. In vielen Fällen handelt es sich dabei jedoch um Greenwashing, denn Ozeanplastik ist kein geschützter Begriff. Die Recycling-Materialien stammen fast immer aus anderen Quellen, da die Verarbeitung von reinem Ozeanplastik viel zu teuer wäre.
Pseudo-Naturkosmetik
Begriffe wie „Naturkosmetik“, „natürliche Kosmetik“ oder „Biokosmetik“ sind in Deutschland nicht gesetzlich geschützt. Hersteller können sie selbst dann nutzen, wenn in ihren Produkten Stoffe enthalten sind, die bedenklich für die Umwelt oder Deine Gesundheit sind. Auch von Aussagen wie „über 90 Prozent Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs“ (meist einfach nur Wasser) oder „frei von/ohne ...“ laut Gesetz solltest Du Dich nicht täuschen lassen. Denn wenn ein Produkt rechtlich ohnehin keine Konservierungsstoffe enthalten darf, die Tatsache „Ohne Konservierungsstoffe“ aber groß auf der Verpackung prangt, ist das irreführend. Dieser Hinweis dient in der Regel lediglich dazu, den Kaufanreiz zu erhöhen.
„Klimaneutrale“ oder „CO2-positive“ Lebensmittel
Wie die Europäische Kommission ermittelte, trug 2020 jedes zehnte Produkt der überprüften 1.400 Lebensmittel einen Werbeslogan, der Nachhaltigkeit verspricht. Um Begriffe wie „klimaneutral“ zu nutzen, kaufen Unternehmen CO2-Gutschriften aus Projekten, die dem Klima helfen sollen – und zwar günstig: Gemäß des „foodwatch Reports 2022“ kostete das klimabewusste Image im Durchschnitt nur vier US-Dollar pro Tonne CO2. Die Kompensation ist zwar grundsätzlich nicht schlecht, vermeidet jedoch nicht die Emissionen, die bei der Produktion des Lebensmittels wirklich entstehen.
Nachhaltiges Palmöl
In jedem zweiten Supermarktprodukt steckt Palmöl, denn es gilt als das billigste Fett der Welt und ist vielseitig einsetzbar. Die Nachfrage ist daher groß, die Zerstörung von Regenwäldern aber auch. Deswegen rief der „Roundtable on Sustainable Palm Oil“ (RSPO), dessen Gründungsmitglied auch die Naturschutzorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) ist, den Palmöl-Standard RSPO ins Leben. Das Ziel: möglichst viele Produzent:innen von Palmöl dazu zu bewegen, Palmöl aus nachhaltigen Lieferketten zu beziehen. Tatsächlich verpflichteten sich viele Firmen, die Naturzerstörung aus ihren Palmöl-Lieferketten zu beseitigen und ausschließlich zertifiziertes Palmöl zu verwenden.
Was viele nicht wissen: Von den vier RSPO-Zertifikaten sind gerade einmal zwei empfehlenswert. Der Großteil des Palmöls auf dem Markt ist nur mit der Mindestzertifizierung „Mass Balance“ versehen. Dieses RSPO-Zertifikat wird für Mischungen von nachhaltigem und nicht zertifiziertem Palmöl vergeben. Die Produkte mit diesen Inhaltsstoffen dürfen sich dennoch mit Claims, wie „Enthält zertifiziertes Palmöl“ oder „Nachhaltiges Palmöl“ schmücken. Letztendlich ändert dieses Zertifikat aber nichts daran, dass für die Gewinnung von Palmöl Regenwald abgeholzt, Pestizide eingesetzt und Lebensräume zerstört werden.
Das geht auch dem WWF nicht weit genug. Seit einigen Jahren hat die Organisation eine Bewertung von Firmen eingeführt, um die Unternehmen, die dieses Palmöl kaufen, aus ihren Lieferketten zu drängen. In der CodeCheck-App kannst Du die Bewertungen einsehen. Eine bessere Orientierung bieten einige Öko-Label, da sie strengere Regeln für die Vergabe von Zertifikaten haben.
Wie Du Greenwashing erkennen kannst
Kritisch hinterfragen und gegebenenfalls zur Umweltbilanz des Unternehmens recherchieren hilft, „grüne“ Tricks zu entlarven. Zu den geschützten Begriffen zählen laut EG-Öko-Verordnung für Lebensmittel „biologisch/bio“ und „ökologisch/öko“ sowie deren Wortkombinationen. Nicht geschützt sind dagegen unter anderem: „natürlich“, „nachhaltig“, „umweltverträglich“, „grün“, „kontrolliert“, „regional“, „klimaneutral“ oder „unbehandelt“. Gütesiegel können frei erfunden sein. Auf anerkannte Zertifikate wie die Siegel von Ecocert, BDIH, Cosmos, NaTrue, Demeter, Naturland oder das EU-Logo kannst Du dagegen vertrauen.
Anti-Greenwashing-Gesetz soll kommen
Die Europäische Kommission hat vor kurzem ein Gesetz - die sogenannte Green-Claims-Richtlinie - präsentiert, das Unternehmen zur Belegpflicht ihrer umweltfreundlichen Behauptungen durch glaubwürdige wissenschaftliche Beweise zwingen will. Zudem müssen Unternehmen ein unabhängiges Prüfverfahren durchlaufen, wenn sie ein Umweltsiegel auf ihren Produkten verwenden möchten. Damit könnten Werbelügen wie „klimaneutral“ oder „CO2-positiv“ bald der Vergangenheit angehören.
Die CodeCheck App hilft Dir schon jetzt dabei, Greenwashing zu erkennen. Wenn Du ein Produkt einscannst, zeigt sie Dir, ob beispielsweise Zutaten aus kontrolliert-biologischem Anbau stammen oder nicht. Die App gibt Dir zudem Auskunft, wenn es sich bei einem verwendeten Siegel um ein anerkanntes, vertrauenswürdiges Zertifikat handelt. Dabei beruft sich CodeCheck auf die Einschätzungen der unabhängigen Verbraucher:innenportale label-online.de und labelinfo.ch.
Weiterführende Links
- Film „Die grüne Lüge“
- E-Mail-Petition von „foodwatch“ „FDP: Freie Fahrt für Verbraucherschutz statt Klimalügen!“