Darf ich noch Geflügel essen?
Update 12.11.2014: Die Schweizer Regierung schränkt den Import von Geflügel und Geflügelfleisch aus mehreren Gemeinden in Norddeutschland ein.
Dies, um zu verhindern, dass die Geflügelpest in die Schweiz eingeschleppt wird, so das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. Das Einfuhrverbot gilt ab Mittwoch, 12. November 2014, und betrifft Fleisch ebenso wie rohe Eier. Grund des Massnahme ist der ein Ausbruch der Krankheit, die auch unter dem Namen Vogelgrippe bekannt ist, in einem Betrieb in Mecklenburg-Vorpommern. Bei Truthähnen war ein neuer Stamm des Erregers (H5N8) festgestellt worden, der bisher in Europa nicht aufgetreten war.
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Ein in Europa bisher völlig unbekannter Geflügelpest-Erreger vom Typ H5N8 ist in einem Putenmastbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern aufgetaucht – rund 31.000 Tiere mussten getötet werden.
Bahnt sich jetzt eine neue Katastrophe für die Geflügelzüchter an? Tatsächlich handelt es sich bei dem H5N8-Virus um einen sehr aggressiven und hochpathogenen, also besonders gefährlichen Erreger. Dieser stammt ursprünglich aus Asien und ist nun zum ersten Mal überhaupt in Europa nachgewiesen worden. Wie die Seuche nach Deutschland kam, ist unklar. Experten raten dennoch zur Gelassenheit.
Sperrzone in Vorpommern eingerichtet
Der betroffene Mastputenbetrieb in Heinrichswalde im Landkreis Vorpommern-Greifswald wurde am vergangenen Donnerstag komplett gesperrt. Alle rund 31.000 Tiere des Betriebes sind mittlerweile getötet worden.
Um die Verbreitung des Influenzavirus zu verhindern, wird zudem jegliches Geflügel aus Privathaltungen im Umkreis von drei Kilometern getötet. Es handelt sich um mindestens tausend Hühner, Enten und Gänse, so Kreis-Amtstierarzt Holger Vogel. Für die Halter ist das natürlich schlimm, aber ein notwendiges Übel. „Wenn wir jetzt den Schneeball nicht aufhalten, kann es eine Lawine werden, die das ganze Land überrollt,“ erklärt Vogel. Außerdem werden aus allen Geflügelzuchtbetrieben im Abstand von bis zu zehn Kilometern Stichproben genommen.
Auch geschossene Wildvögel werden untersucht. Sollten diese mit infizierten Tieren oder deren Ausscheidungen in Kontakt gekommen sein, ist eine Ansteckung mit dem Virus möglich. Dies stellt gerade jetzt in der Zeit des Vogelzugs eine besondere Gefahr dar. Mecklenburg-Vorpommern ist mit seinen vielen Seen und der langen Ostseeküste ein besonders beliebtes Vogelrast- und Überwinterungsgebiet.
Was ist der Unterschied zur letzten Vogelgrippe?
Der aktuelle Fall erinnert stark an den europaweiten Ausbruch der Vogelgrippe, auch Geflügelpest genannt, im Februar 2006.
Damals grassierte ein Vogelgrippe-Virus vom Typ H5N1 – hunderte tote Wild- und tausende gekeulte Nutzvögel waren die Folge. Dieser Erreger war ebenfalls hochpathogen, also für Nutzgeflügel wie auch Wasservögel sehr gefährlich und oft tödlich. Im Gegensatz zu H5N1 ist der neu entdeckte Virustyp H5N8 kaum erforscht, was jetzt für Unsicherheit sorgt.
Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus zeigte sich zuversichtlich und vermutete, dass die Seuche auf den Betrieb in Heinrichswalde beschränkt bleibe. Denn im Unterschied zu dem ersten deutschlandweiten Vogelgrippe-Ausbruch 2006 sei bislang auch kein infizierter Wildvogel in Mecklenburg-Vorpommern gefunden worden.
Woher kommt das Virus?
Der in Deutschland erstmals aufgetauchte Erreger vom Subtyp H5N8 tritt bereits seit einigen Jahren in Südostasien auf. Im Januar 2014 ist er erstmals in Südkorea beobachtet worden. Dort kämpft man seit Anfang diesen Jahres wieder verstärkt mit dem H5N8-Virus. Die Epidemie flackert immer wieder auf, vermutlich wird die Seuche durch Wildvögel weiter verbreitet. Insgesamt mussten in diversen Regionen fast 600 000 Tiere getötet werden.
Besonders problematisch ist, dass sich der Virus in Südkorea ständig verändert. Auch in Japan und im Grenzgebiet von China zu Südkorea ist der Erreger bereits aufgetaucht. Nach ersten genetischen Analysen des Friedrich-Löffler-Instituts (FLI) gleicht das in Vorpommern aufgetretene Virus dem aus Südkorea. Deshalb gehen Experten davon aus, dass es von dort nach Deutschland eingeschleppt wurde. Wie und auf welchem Wege, das ist allerdings noch völlig unklar.
Können sich Menschen infizieren?
Bislang ist eine Ansteckung des Menschen mit dem H5N8-Erreger nicht beobachtet worden, auch nicht in Südkorea, so FLI-Präsident Thomas Mettenleiter. Einige Säugetiere, wie Mäuse können zwar erkranken, sterben aber im Gegensatz zum sehr anfälligen Geflügel wie Hühnern, Puten und Enten meist nicht daran.
Dennoch ist eine Übertragung des Virus auf den Menschen nicht ausgeschlossen und wenig erforscht. „Wir müssen davon ausgehen, dass jeder hochpathogene Erreger auch eine Gefährdung für den Menschen darstellen kann“, erklärt Thomas Mettenleiter weiter. Deshalb müssen schnelle Schutzvorkehrungen getroffen werden, um die Ausbreitung des Erregers aufzuhalten.
Gibt es eine Impfung?
Da bisher noch keine Übertragung des Virus auf den Menschen beobachtet wurde, wird vermutlich an keinem Impfstoff geforscht. Experten warnen davor jetzt in Panik zu geraten, denn bislang ist keine ernste Bedrohung des Menschen zu erwarten.
Sind ökonomische Folgen zu erwarten?
Welche Auswirkungen der neue Vogelgrippefall auf die Geflügelbauern haben wird, ist abzuwarten. Ob ökonomische Schäden entstehen, hängt vor allem davon ab, wie schnell der Ausbruch des Erregers bekämpft werden kann und ob sich die Seuche weiter ausbreitet.
Bis dato heißt es aber erst einmal Ruhe bewahren. „Man sollte den Ausbruch mit einer gewissen Gelassenheit betrachten,“ fordert Thomas Mettenleiter.
Es bleibt also abzuwarten, wie sich der Fall entwickelt und ob sich die Ausbreitung des Virus verhindern lässt. Den eigenen Fleischkonsum einzuschränken ist aber generell einen Versuch wert. Denn der aktuelle Fall lenkt die Aufmerksamkeit auch wieder verstärkt auf die häufig schlechten Haltungsbedingungen von Geflügel in Deutschland.