Tierschutz

Aussehen vor Gesundheit: Überzüchtung lässt Hunde leiden

17. Sept. 2017 von

Es heißt, der Hund sei der beste Freund des Menschen. So behandelt er ihn aber nicht immer: Seit Anfang des 20. Jahrhunderts verändern Züchter das Aussehen der Vierbeiner. Das hat Folgen für die Gesundheit der Tiere.

Wissenschaftler vom „Royal Veterinary College“ im englischen Hatfield haben die Krankengeschichte von rund 12.000 Deutschen Schäferhunden aus dem Jahr 2013 studiert. Anhand der Daten konnten sie die häufigsten Beschwerden der Hunde ermitteln. Den Akten zufolge waren Entzündungen am Außenohr, Arthrose, Durchfall, Übergewicht und Aggressivität die gängigsten Ursachen für einen Tierarztbesuch.

Während des untersuchten Zeitraums mussten die Doktoren 272 Patienten einschläfern. Begründet wurde dieser Schritt in rund 16 Prozent der Fälle mit einer Störung des Bewegungsapparats, in knapp 15 Prozent mit der Unfähigkeit des Tiers, sich auf den Beinen zu halten und in je 14 Prozent mit dem Verweis auf Tumore oder Wirbelsäulenprobleme.

Anatomische Veränderungen führen zu Schmerzen

Die (zuweilen fatalen) gesundheitlichen Probleme der Schäferhunde seien vor allem auf Überzüchtung zurückzuführen, schreibt Forschungsleiter Dan O'Neill im Fachmagazin „CGE Journal“. Die Rasse wurde zunächst groß, später dann auf Äußerlichkeiten wie eine nach hinten abfallende Rückenlinie gezüchtet. Dadurch sei sie heute auch anfälliger für Sarkome, Bauchspeicheldrüsenschwächen und Erberkrankungen wie Hüftdysplasie.

Schäferhunde sind aber nur ein Beispiel dafür, was vor allem unseriöse Züchter, die das Erscheinungsbild der Hunde aus Profitgier beeinflussen, anrichten können. Schon Ende des letzten Jahres hat die „Bundestierärztekammer“ auf das Leid von Tieren mit extrem kurzem Gesichtsschädel hingewiesen. Bulldoggen und Möpse etwa würden „über kurz oder lang einen erheblichen Leidensdruck“ entwickeln.

Drollig? Eher gequält

Beispielsweise führten die großen Glubschaugen in den flachen Augenhöhlen häufig zu Entzündungen – zuweilen käme es sogar zur Eintrübung der Hornhaut oder Erblindungen. Symptome wie „Schnaufen, Röcheln, Atemnot, vermehrter Tränenfluss und schnelle Erschöpfung bis hin zum Kreislaufkollaps mit Ohnmacht“ seien ein Resultat der inzwischen „viel zu engen Nasenöffnungen und/oder überlangen Gaumensegeln“.

Die Tierschutzorganisation „Peta“ weißt außerdem auf die gentechnische Oberkieferverkürzung beim Mops hin. Sie begünstige Fehlstellungen im Gebiss und damit Zahnschmerzen und –verluste. Dazu ergänzt der Verein noch, dass die Welpen der Britischen Bulldogge oft per Kaiserschnitt zur Welt gebracht werden müssen - der Geburtskanal der Hündinnen ist inzwischen meist zu eng.

Dackel mit Knorpel- und Knochenschäden

„Peta“ sieht zusätzlich aber auch noch den Dackel gefährdet: Die verkürzten Extremitäten und eine Fehlstellung der Beine seien eine Folge einer genetisch bedingten Störung der Knorpel- und Knochenentwicklung. Zusammen mit dem künstlich langgezogenen Rücken begünstige dies Bandscheibenvorfälle und damit „starke plötzliche Schmerzen im Hals oder im Rücken, erhöhte Berührungsempfindlichkeit und Lähmungserscheinungen der Vorder- und/oder Hinterbeine“.

Tipp: Wie extrem sich das Aussehen mancher Hundearten verändert hat, veranschaulicht diese Seite des Online-Magazins „Sploid“. Dort sind rund 100 Jahre alte Aufnahmen von verschiedenen Rassen zu sehen, über die sich aktuelle Bilder schieben.