Welche Auswirkungen hat unser Schnittblumenkonsum?
Ob Geburtstag, Muttertag oder einfach so – wer Blumen kauft, will Freude machen. Und das wollen wir ganz besonders oft, durchschnittlich 37 Euro gibt der Deutsche pro Jahr für Schnittblumen aus. Damit ist Deutschland der drittgrößte Absatzmarkt weltweit. Was viele nicht wissen: Ein Großteil der bunten Blumenpracht wird unter bedenklichen ökologischen und sozialen Bedingungen produziert.
Einmal um die halbe Welt
Rosen aus Kenia, Tulpen aus den Niederlanden, Lilien aus Italien – nur rund 20 Prozent der in Deutschland verkauften Blumen werden bei uns angebaut. Heimische Züchter haben nur noch bei Beet- und Balkonpflanzen die Nase vorn.
Des Deutschen Lieblingsblume ist nach wie vor die Rose. Platz zwei teilen sich Tulpen und Chrysanthemen und auf Platz drei blühen Sonnenblumen und Gerberas um die Wette.
Tulpen und Chrysanthemen kommen vor allem aus den Niederlanden. Hier wurden in der letzten Saison über zwei Milliarden Tulpen produziert! Der weltweit größte Rosenexporteur ist dagegen Kenia, zwei Drittel aller Rosen auf dem hiesigen Markt stammen aus dem ostafrikanischen Land.
Andere wichtige Exportländern für Blumen sind Äthiopien, Ecuador, Israel und Kolumbien. Die Niederlande sind das Drehkreuz des weltweiten Blumenhandels, hier kommt die Importware an, um dann an die Händler weiterverkauft zu werden.
Blumen aus Übersee – das kann nicht gut für die Klimabilanz sein?
Ganz so einfach ist es nicht. In südlichen Ländern herrschen nahezu perfekte Bedingungen für den Schnittblumenanbau.
Die Rose zum Beispiel fühlt sich in Kenia mit dem stetig warmen Klima, den vielen Sonnenstunden und den regelmäßigen Regenfällen pudelwohl. Der Rosenanbau dort verbraucht deswegen weniger Energie, denn die Gewächshäuser müssen nicht beheizt werden – und verursacht so an sich weniger CO2-Emissionen als eine Rose aus einem europäischen Gewächshaus. Ein niederländischer Strauß Rosen produziert bei seiner Herstellung fast sechs Mal so viel Kohlendioxid wie ein Strauß aus den Niederlanden. Das ergab eine Studie der Cranfield University in England (2007).
Probleme der industriellen Blumenzucht
Wasserressourcen
Neben dem CO2-Ausstoß bei Blumenaufzucht- und transport, kommt es noch zu anderen Problemen: Die riesigen Blumenfarmen konkurrieren mit der Bevölkerung um die begrenzten Wasserressourcen, denn ein Rosenstrauch braucht bis zu fünf Liter Wasser täglich.
Konkretes Beispiel: Der Wasserpegel des Naivasha-Sees – hier liegt Kenias größtes Rosenanbaugebiet – sinkt seit Jahren beachtlich. Örtliche Kleinbauern haben nicht genügend Wasser für die Bewässerung ihrer Felder oder zum Tränken ihrer Tiere. Drastische Wassereinsparmaßnahmen für die Bevölkerung sind die Folge. Zudem beanspruchen die großen Blumenkonzerne immer mehr fruchtbare Anbaufläche für ihre Gewächshäuser.
Arbeitsbedingungen
Für rund zwei Euro werden in deutschen Discountern schon Blumensträuße angeboten. Wer so billig Blumen anbieten will, muss an andere Stelle einsparen. Das trifft vor allem die Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Plantagen. Lange Arbeitszeiten und Unterbezahlung bis hin zur Ausbeutung sind an der Tagesordnung, wie aus einer Anfrage an den „Deutschen Bundestag“ aus dem Jahr 2012 hervorgeht.
Ein bunter Strauß Pestizide
Wie in der konventionellen Landwirtschaft üblich kommen auch bei der Blumenproduktion Dünger und zum Teil hoch gefährliche Pflanzenschutzmittel zum Einsatz. Die Pflanzen sind anfällig für Krankheiten und die Ware muss in makellosem Zustand sein – gerade bei Blumen sind Händler und wir als Kunden besonders kritisch.
Der Einsatz von Pestiziden ist kaum reglementiert, verunreinigt die Gewässer in den Anbaugebieten und gefährdet die Gesundheit der Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Blumenplantagen. Entsprechende Schutzkleidung ist oft mangelhaft und nachdem die Pestizide versprüht wurden, werden die Wiederbetretungsfristen von sechs bis 24 Stunden kaum eingehalten, wie Recherchen der „ARD“ belegen. Kopfschmerzen und Schwindel, Asthma und Hautausschläge sind die Folge.
Aber auch hier bei uns bleiben die mit Pestiziden belasteten Blumen bedenklich. Ein vom „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“ (BUND) beauftragtes Labor fand Pestizidrückstände in acht von zehn in Berlin gekauften Rosensträußen. Dabei handelte es sich um elf verschiedene, teils stark krebserregende und hormonell wirksame Pflanzenschutzmittel.
Zwar haben wir mit dem Strauß auf dem Tisch wenig direkten Kontakt, Floristinnen und Floristen gehen dafür täglich mit den Pflanzen um. Schon kleine Mengen der Pestizide auf den Blättern können Allergien und Ekzeme auslösen.
Im Gegensatz zu Pestiziden auf Obst und Gemüse gibt es bei Zierpflanzen in Deutschland keine Höchst- oder Grenzwerte für Rückstände. Die Kontrolle bleibt den Bundesländern überlassen. Das „Bundesamt für Risikobewertung“ weist die Bedenken des BUNDs allerdings zurück und sieht im Bezug auf Pflanzenschutzmittelrückstände auf Schnittblumen keinen Grund zur Besorgnis.
Fairtrade-Siegel und Bio-Blumen
Leider lässt sich beim Blumenkauf nur schwer erkennen, in welchem Land die Blumen gewachsen sind und welche ökologischen und sozialen Standards bei der Produktion eingehalten wurden. Fest steht, der überwiegende Teil der Schnittblumen stammt aus konventionellem Anbau.
In den letzten Jahren gibt es aber auch immer mehr Schnittblumen, die das Fairtrade-Siegel tragen. Fairtrade-zertifizierte Blumenfarmen züchten die Blumen nach strengeren Standards. Sie gewährleisteten mehr Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, strengere Umweltkriterien, einen existenzsichernden Lohn und das Engagement in Gemeinschaftsprojekten. Blumen mit ein Bio-Siegel von „Demeter“, „Naturland“ oder „Bioland“ sind dagegen noch sehr rar gesät.
Auch das Label FLP (Flower Label Programm) und das TransFair-Siegel stehen für faire Produktionsbedingungen.
Am ökologischsten sind deshalb saisonale Schnittblumen aus der nächsten Umgebung, selbst gepflückte Blumen – ab und an sind Blumenfelder auch mit dem Hinweis „Blumen zum Selberpflücken“ gekennzeichnet – oder Blumen aus dem eigenen Garten beziehungsweise vom Balkon. Welche Blumen wann blühen, zeigt diese Liste. So hat die Freude über einen bunten Blumenstrauß auch keinen bitteren Beigeschmack.