Volle Pflanzenkraft: Mit Rhababer umweltfreundlich Leder gerben
Die Ökotrophologin Anne-Christin Bansleben entwickelte ein Verfahren, um Leder mit Rhabarber zu gerben. Daraufhin gründete sie ein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Unternehmen. Ihr Produkt: Das umweltfreundlichere, für Allergiker geeignete rhabarberleder®. Codecheck erklärte sie, warum Rhabarberleder eine echte Alternative zur bisherigen Ledergerbung ist.
Leder-Produktion: Gefahr für Mensch & Umwelt
Beim Gerben kann durch verschiedene Gerbstoffe die Haut eines Tieres haltbarer gemacht werden. Dadurch entsteht Leder. Als Vorbereitung für das Gerben werden zunächst die abgezogenen Tierhäute zugeschnitten, entfleischt und enthaart. Das Enthaaren geschieht heute vor allem in einem stark alkalischen Bad. Nachdem die Rückstände dieses Bades entfernt worden sind, ist die Haut für das Gerben vorbereitet.
Der Prozess des Gerbens kann grob in drei Schritte unterteilt werden: Erst wird das Kollagen, die flüssigkeitsgefüllten Zellen der Haut, entquellt. Dann muss der Gerbextrakt in die Häute eindringen. In einer dritten Phase binden sich die Gerbstoffe an die Hautfasern und fixieren die Häute als feste, haltbare Struktur.
Es gibt unterschiedliche Gerbstoffe und Verfahren. Das heute Wichtigste ist das Gerben mit Mineralsalzen, vor allem Chromsalzen. Das Gerben mit Chromsalzen ist schnell, da die Häute zuerst in Säure gelegt werden. Das ermöglicht ein tiefes Eindringen der Chromsalze, die dann durch schrittweise Zugabe von Lauge im Leder fixiert werden. Etwa 90% des Leders wird heute auf diese Weise gegerbt. Doch Schwermetalle wie Chromsalze belasten sowohl die Umwelt als auch die Gesundheit: Mehr Infos finden Sie hier.
Alternative: Gerben mit Pflanzenstoffen
Anne-Christin Bansleben, Geschäftsführerin von deepmello, suchte eine Methode, um Leder schonend und nur mithilfe von pflanzlichen Stoffen zu gerben. Für codecheck erklärt sie, warum:
„Die Chromgerbung birgt mehrere Probleme. Das fängt beim Abbau der Chromsalze in Tagebauen, häufig in Afrika und Asien, an. […] [Es] müssen aufwändige, thermische Verfahren eingesetzt werden, um Chrom III für die Gerbung zu gewinnen. Die Arbeiter stehen dabei unter so stark gesundheitsschädigenden Bedingungen, dass viele von ihnen frühzeitig an den Folgen von Chromvergiftung sterben.“
Anne-Christin Bansleben betont, dass nicht nur die Arbeiter dabei ein gesundheitliches Risiko eingehen. Denn im Leder kann Chrom IV entstehen, das Allergien auslöst und im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Die gelernte Ökotrophologin beschloss daher, eine Gerbmethode auf Pflanzenbasis zu suchen. Sogenannte vegetabile Verfahren waren früher die am häufigsten angewendeten Methoden der Gerbung. Heute kommen sie nur noch sehr selten zum Einsatz. Anne-Christin Bansleben machte sich mit ihrem Team auf die Suche nach Pflanzenstoffen, die zum Gerben geeignet sind.
Nicht nur für leckere Kuchen: Rhabarber
Fündig wurde die Forscherin bei der Rhabarberpflanze. Rhabarber kenne ich persönlich nur als Bestandteil selbstgemachter Erdbeer-Rhabarber-Marmelade, und natürlich in Kuchen. Aber die Inhaltsstoffe der Rhabarberwurzel ermöglichen auch eine schonende, umweltfreundliche Gerbung ohne chemische Zusatzstoffe. Die entstehenden Produkte sind für Chromallergiker geeignet. Darüber hinaus ist dem Team von deepmello wichtig, dass die Gerbung in Deutschland stattfindet und auch alle benötigten Ressourcen aus Deutschland kommen:
„In Deutschland gibt es hohe Standards, wir kennen unsere Betriebe und wissen, dass ordentliche Arbeitsbedingungen herrschen. Darüber hinaus ist der Rhabarber eine heimische Pflanze, die sich leicht anbauen lässt und anspruchslos wächst. Alle Häute, die wir verwenden, stammen von deutschen Tieren, die nicht für die Lederproduktion, sondern auch für die Lebensmittelindustrie gehalten werden. Damit besteht ein geschlossener Kreislauf und wir können mit unserem Produkt zeigen: Ja, eine umweltfreundliche Lederproduktion ist umsetzbar!“
Auch im eigenen Betrieb setzt das von Anne-Christin Bansleben 2010 gegründete Unternehmen auf Nachhaltigkeit und Fairness, sowohl bei sich als auch bei ihren Logistikpartnern und Zulieferern. Ihr Produkt rhabarberleder® wird bereits von Unternehmen wie Trippen und Alina Schürfeld, Hessnatur und AngelCab weiterverarbeitet.
In diesem Zusammenhang interessant ist ein Statement von Bansleben auf der Homepage des Unternehmens Hessnatur. Dort ist zu lesen, dass für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt jeder seine Fähigkeiten einsetzen sollte, um in seinem Bereich zu Verbesserungen beizutragen. Ein schöner Satz, den die Gründerin für sich wahrgemacht hat.