Sojaanbau und -konsum spalten die Gemüter
Wir verspeisen viel Soja, ohne dass es uns überhaupt bewusst ist. Das hat Folgen für die Umwelt. Außerdem sorgen Studien und Blogs dafür, dass Sojakonsum verpönt ist. Ist das denn richtig?
Früher wurden Vegetarier oft als „grüne Hippies“ belächelt und mit blöden Sprüchen wie „Du isst meinem Essen das Essen weg“, konfrontiert. Das hat sich zum Glück geändert, denn Veganismus und Vegetarismus sind durchaus salonfähig geworden.
Die Sache mit dem „Essen wegessen“, ist allerdings tatsächlich etwas komplizierter geworden. Sojaproduktion und -konsum spalten die Gemüter. Daher ist es interessant im ersten Teil des Beitrags Zahlen und Fakten aufzuzeigen:
Wie der WWF schreibt, werden 79% der weltweiten Sojaernte zu Tierfutter verarbeitet. Fleischverdrücker nehmen also – mehr oder weniger unbewusst –durch ihre Steaks auch tonnenweise Soja auf. Die Sojaernte braucht aber auch Platz, weil sich der Verbrauch vervielfacht und die Produktion in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt hat.
Bauern opfern Regenwald für Tierfutter
Soja wird schon sehr lange kultiviert und angebaut, die Pflanze ist sogar eine der ältesten Nahrungslieferanten überhaupt und außerdem eine wichtige Proteinquelle.
So weit so gut, problematisch wird es erst mit dem Monokultur-Anbau, wie er zu großen Teilen in Südamerika stattfindet. Bauern pflanzen dort 2,6 Millionen Hektar Soja an – und es wird mehr Platz benötigt. So fressen sich die Sojafelder in den Regenwald und wichtige Naturreservoire ein, WWF nennt in diesem Zusammenhang den Cerrado.
Bewirtschaftet wird der Boden oftmals mit teurem Gentech-Soja, der anfällig für Schädlinge ist und die Bauern mit einer Spirale in Armut stürzt: Sie müssen erst das Saatgut kaufen, und weil die Böden durch die Monokulturen ausgelaugt sind, mit teuren chemischen Düngern nachhelfen und die Pflänzchen mit Pestiziden schützen. Die Ernte kann schließlich oftmals nicht zu fairen Preisen verkauft werden, und der Kreislauf beginnt von Neuem. Nur, dass die Anbaufläche noch schlechter dran ist und mehr und mehr Chemiezeug gebraucht wird. Dass diese Keulen schlussendlich auch in den menschlichen Organismus gelangen, scheint „Monsanto“ und Co. egal zu sein.
Soll ich Soja essen?
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zu wissen, dass „Tiersoja“ nicht gleich „Menschensoja“ ist. Das Nahrungsmittel für Menschen kommt meist aus Südeuropa, China oder Nordamerika. Doch auch hier ist es wichtig, möglichst auf Fairness und Umweltbewusstsein zu setzen: Bio-Anbau oder weitere Zertifizierungen helfen bei der Kaufentscheidung.
Doch ist Soja überhaupt gesund?
Dieser Blog (in englisch) zum Beispiel „verteufelt“ den Konsum von Soja regelrecht und wie viele andere Autoren auch, argumentiert die Verfasserin, dass die Bohnen gesundheitliche Probleme verursachen, vor allem Brustkrebs, Impotenz und Schilddrüsenprobleme.
Doch umfassendere Recherchen im Internet relativieren das schlechte Bild von Soja.
Auswirkungen von Soja in „normalen“ Mengen
Ja, die Studien, die von Sojaprodukten abraten und beweisen, dass übermäßiger Sojakonsum schadet, sind berechtigt. Jedoch sollte man als kritischer Leser in Betracht ziehen, dass die Studien meistens viel höhere Mengen verabreichen, als jemand normalerweise pro Tag konsumieren würde: Meistens verwenden Forschergruppe ein halbes Kilo Tofu oder drei große Proteinshakes pro Tag. Das ist richtig viel Soja! Mann sollte ja auch kein halbes Kilo Kokosnussöl essen, oder? Eine normale Portion entspricht 120 bis 150 Gramm Tofu oder einem Proteinshake.
Dann lohnt es sich auch in diesem Fall, die jeweilige Beweislage im Gesamtbild zu betrachten und nicht nur Auszüge aus einer Studie herauszupicken. Ein gutes Beispiel dafür ist die weitverbreitete Aussage, dass Soja Brustkrebs verursacht. Soja enthält Isoflavone, natürlich vorkommende Pflanzenextrakte. Diese können sich ähnlich auf den Körper auswirken wie Hormone, und viele Menschen machen sich Sorgen, dass die Pflanzenextrakte ihrem Körper Schaden zufügen.
Doch die am Ende des Artikels angegebene Studie zeigt ein anderes Bild: Die einzige Studie, die Soja mit Krebs in Verbindung bringen konnte, wurde an Mäusen ohne Eierstöcke oder mit geschwächtem Immunsystem durchgeführt. Den Tieren wurden signifikante Mengen industriell verarbeitetem Tofu verabreicht. Sämtliche Studien, die mit Mäusen mit Eierstöcken und normalfunktionierendem Immunsystem durchgeführt wurden, zeigten keine negative Veränderung von Krebsgeschwüren.
Mit großer Wahrscheinlichkeit reagieren Mäuse jedoch anders als Menschen, da es sich nicht um dieselbe Spezies handelt Kinder und Jugendliche, die Sojaprodukte konsumieren, haben ein kleineres Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Laut dem „Journal oft he American Medical Association“ gibt es auch keine Beweise, dass Soja Babies schadet – in einer Studie (2002) wurde de Gesundheitszustand von 811 Menschen miteinander verglichen. Einige wuchsen mit Soja auf, andere mit Milchprodukten. Die Forscher fanden keine signifikanten Unterschiede.
Jedoch ist jeder Mensch individuell. Und wenn du keine Sojaprodukte verträgst oder sie aus ethischen Gründen nicht essen magst, dann lass die Finger davon, ebenso wie von industriellen Sojaprodukten wie Konzentrate oder Isolate, also Soja Junkfoods.
Ansonsten spricht nichts gegen einen moderaten Konsum, oder das Genießen von fermentierten Sojaprodukten wie Miso oder Tempeh. (i) Messina, M. 2010. A brief historical overview of the past two decades of soy and isoflavone research. J Nutr. 140(7): 1350S–4S.