So lebt sich ein Leben ohne Zucker
Ist es möglich, ohne Zucker zu leben und gleichzeitig das Leben zu genießen? Darüber „so gesund“-Autorin Carola Hoffmeister mit Bloggerin Dominique Bachmann, die auch ohne Süßes glücklich ist.
Dominique Bachmann, warum essen Sie keinen Zucker mehr?
In wenigen Worten zusammengefasst: Das Buch „Goodbye Zucker“ von Sarah Wilson, ein kleiner Schock nach der Lektüre, eine Portion Verrücktheit und meine Mutter, die mitmachte. Im Januar 2016 gaben mir die oben genannten Gründe den Impuls, dieses Experiment zu wagen. Es trug aber auch eine gewisse Unzufriedenheit mit meinem Körper dazu bei, denn sobald ich den Sport für eine kurze Zeit aussetzte, machte sich die Waage bemerkbar.
Haben Sie denn sehr viel Zucker gegessen?
Gefühlt nicht, da ich den Konsum von Süßigkeiten schon damals sehr einschränkt hatte. Ich stellte jedoch fest, dass meine vermeintlich gesunden Mahlzeiten wie allein das Frühstück schon sehr viel Zucker enthielten. Ich weiß nicht, wie viel Zucker ich damals gegessen habe, jedoch weiß ich, dass ich mit dem Frühstück die empfohlene Dosis der WHO von sechs Teelöffeln bereits erreicht hatte.
Sechs Teelöffel stecken ungefähr in einem Glas Apfelsaft. Wie ist Ihnen der Ausstieg aus der Zuckerwelt gelungen?
Bevor ich mit dem Zuckerentzug losgelegt habe, habe ich erst einmal meine Essgewohnheiten unter die Lupe genommen. Oft sind es nämlich nicht die offensichtlichen Schokoriegel und Kekse, die den täglichen Zuckerkonsum in die Höhe treiben. Es sind vielmehr alltägliche Produkte, die vermeintlich gesund aussehen wie ein Obst-Smoothie, Knuspermüsli mit Honig, Wurstwaren oder Fruchtjoghurt. So habe ich versucht, ein Produkt nach dem anderen durch eine zuckerfreie Variante zu ersetzen. Wichtig ist, dass man nicht von Hundert auf Null herunterfährt, da sich dies wie eine Diät anfühlen würde. Die Ernährungsumstellung sollte jedoch langfristig sein, deshalb sollte man sich auch entsprechend Zeit geben.
Wie hat Ihr Körper auf den Zuckerentzug reagiert?
In den ersten Tagen ohne Zucker war ich sehr müde, hatte Kopfschmerzen und Heißhungerattacken auf Süßes. Das legte sich aber nach ungefähr vier Tagen, und ein Hochgefühl stellte sich ein. Innerhalb weniger Wochen wog ich fünf Kilogramm weniger, und meine unreine Haut verbesserte sich nachhaltig. Nachts schlief ich besser, und das Tief nach dem Mittagessen war wie weggeblasen. Ich konnte es mir nicht erklären, aber zu Beginn war der Unterschied wirklich groß. Mittlerweile weiß ich, dass sich das Empfinden wieder einpendelt und auch ich wieder mit meinen kleineren und größeren Sorgen kämpfe.
Was war am schwierigsten an der Umstellung auf eine Ernährung ohne Zucker?
Am meisten Mühe bereitete mir die Umstellung des Frühstücks. Ich aß früher eine große Schüssel Knuspermüsli, gerne ein Fruchtjoghurt oder Brot mit Konfitüre und trank Fruchtsäfte. Das ging nicht mehr. Heute esse ich das Frühstücksbrot mit Butter, mische mir Haferflocken selber mit Nüssen und esse griechischen Naturjoghurt dazu. Anstelle von Fruchtsäften gibt es ungesüßten Tee. Manchmal sind es einfach die Gewohnheiten, die geändert werden müssen.
Haben Sie Rückschläge erlebt?
Klar – auch heute noch. Ich versuche diese Ausrutscher jedoch nicht negativ zu bewerten, sondern sehe sie eher als Standortbestimmung des Körpers: Zucker wird nach wie vor verlangt! Also habe ich vermutlich doch etwas zu viel Zucker gegessen, sodass sich die Lust darauf wieder eingeschlichen hat. So weiß ich, dass ich wieder etwas besser auf meine Mahlzeiten schauen muss.
Bedeutet jeden Tag ohne Zucker einen großen Verzicht?
Nein, eigentlich nicht. Heute habe ich nicht mehr das Gefühl, auf irgendetwas verzichten zu müssen – die Lust auf Süßes verspüre ich nur noch sehr selten. Wenn sie doch kommt, esse ich entweder ein Stück Milchschokolade und weiß gleich nach dem ersten Bissen, dass sie viel zu süß schmeckt oder ich backe mir Muffins nach meinem eigenen Rezept. Mein Leben ist dadurch nicht langweiliger oder weniger genussvoll – einfach etwas anders.
Was raten Sie Anfängern? Wie schafft man den Einstieg in ein zuckerfreies Leben?
Ich muss zugeben, die ersten Tage waren nicht einfach. Jedoch startete ich das Experiment zusammen mit meiner Mutter. Eine Komplizin zu haben, hilft ungemein. Wir telefonierten täglich und berichteten von neuen Erkenntnissen, sei dies von kürzlich entdeckten Zuckerfallen oder einem der Nebeneffekte. Es gab Tage, an denen wir am liebsten alles hingeschmissen hätten und die Lust nach Süßem fast die Oberhand gewann. Es war jedoch erstaunlich, wie schnell sich der Körper an den neuen Umstand gewöhnte. Ich erinnere mich noch heute daran, wie ich mich auf einmal nicht mehr vom süßen Verlangen fremd gesteuert fühlte. Meine Geschmacksknospen auf der Zunge veränderten sich, nahmen Geschmäcker intensiver wahr, und Süßes schmeckte auf einmal viel zu süß. Eine solche Veränderung bewusst im Körper zu spüren, macht es einem einfacher, die Balance zu finden.
Was machen Sie, wenn Sie richtig Heißhunger auf Süßes bekommen?
Bei mir liegt meistens eine große Tüte mit Nusskernen und Mandeln herum. Diese kann man sich beispielsweise auch selber im Backofen rösten und mit Paprika oder Curry würzen. Natürlich geht auch ein Stück Obst, einige Himbeeren, eine Aprikose oder eine Orange. Ideal zu Obst wäre ein griechischer Naturjoghurt, da dieser viel Fett und Proteine enthält und damit der Abbau des Zuckers gebremst wird.