Oh, oh, Orangensaft ...
„Öko-Test“ wollte wissen, ob Orangensaft, der derzeit wie andere Lebensmittel immer teurer wird, sein Geld wenigstens wert ist. Das Urteil ist nicht eindeutig. Zwar stimme die Qualität meistens, sagen die Tester:innen, aber die Arbeitsbedingungen auf den Orangenplantagen stellen sie nicht überall zufrieden. 19 Produkte standen auf dem Prüfstand, nur ein fair gehandelter Discountersaft schneidet „sehr gut“ ab.
- Im Bio-Anbau sind chemisch-synthetische Spritzgifte verboten, was für die Arbeiter:innen auf den Orangenfeldern ein großer Pluspunkt ist.
- Direktsäfte schneiden in der Sensorikprüfung in der Regel etwas besser ab als Konzentrate – vor allem, wenn sie gekühlt sind. Vier schmeckten „wie frisch gepresst“.
- Mehrweg oder Einweg? Saft ist vor allem dann im Karton gut aufgehoben, wenn der Abfüller weiter weg ist. Denn Glasflaschen sind schwer und verbrauchen im Transport viele schädliche Klimagase.
Zunächst einmal: Alle getesteten Säfte sind sauber. Kaum Pestizide, kaum Rückstände von Desinfektionsmitteln, wenig, was nicht auch wirklich in einen Orangensaft gehört. Und das, was hineingehört, ist auch wirklich drin: Die Vitamin-C-Gehalte stimmen in jedem Saft.
Dieses Produkt erhielt von „Öko-Test“ die Note „Gut“
Stolze Preise
Die Preisentwicklung jedoch ist schwindelerregend: Als die Tester:innen für ihren letzten Test vor zwei Jahren einen Liter Valensina Frühstücksorange einkauften, bezahlten sie gerade einmal 88 Cent. Jetzt mussten sie für das gleiche Produkt stolze 2,19 Euro aus dem Portemonnaie zählen. Und das ist keine Ausnahme. Gleich mehrere Discounterprodukte kosteten vor zwei Jahren noch 85 Cent, während es im aktuellen Test keinen einzigen Saft unter 1,99 Euro pro Liter gibt. Die Klimakrise mit ihren Dürren, Extremwetter und Pflanzenkrankheiten verderben die Ernten. Orangensaft wird dadurch knapp – und teuer.
Norma nimmt Saft aus dem Verkauf
Es gibt aber auch weniger gute Nachrichten: Der Norma Bio Sonne Bio-Saft Orange aus Orangensaftkonzentrat entspricht laut der Laborergebnisse nicht den gesetzlichen Vorgaben für einen Orangensaft aus Konzentrat. Das ist aber nicht gesundheitsschädlich, sondern es geht dabei um die mangelnde Rearomatisierung des Safts. Denn für Säfte aus Konzentrat gilt, dass die Aromastoffe, die den Säften beim Konzentrieren entzogen werden, den Säften auch wieder hinzugefügt werden müssen. Da ist beim Norma-Saft neben anderen Mängeln wohl etwas schiefgelaufen, was das Unternehmen dazu veranlasste, die „ungenügende“ Charge des Getränks aus dem Verkauf zu nehmen. Eine Folgecharge war laut Anbietergutachten unauffällig.
Beim Dennree Bio-Orangensaft Direktsaft kritisiert das von „Öko-Test“ beauftragte Labor die geminderte Aromenqualität. Der Saft gleiche eher einem Saft aus Konzentrat mit nicht ausreichender Rearomatisierung als einem Direktsaft. Er hält aber dennoch zumindest die gesetzlichen Vorgaben ein.
Gekühlt schmeckt’s besser
Und wie schmecken die Säfte? „Sehr gut“ schneiden im Testergebnis Sensorik nur Säfte ab, die „wie frisch gepresst“ schmecken. Diese Anforderung erfüllen vier von fünf gekühlten Direktsäften: der Innocent Direktsaft Orange ohne Fruchtfleisch, gekühlt, der Rio d’Oro Orangensaft Premium Direktsaft mit Fruchtfleisch, gekühlt von Aldi, der Solevita Orange Premium ohne Fruchtfleisch, 100 % Direktsaft, gekühlt von Lidl und der Gut & Günstig Orangen-Direktsaft ohne Fruchtfleisch, gekühlt von Edeka. So richtig schlecht schneidet in der Sensorik keiner der Säfte ab.
Das Gewissen trinkt mit
„Öko-Test“ wollte von den Herstellern im Test auch wissen, wie es um ihre Verantwortung in Sachen Lieferkette steht. Schließlich bekommen die Arbeiter:innen oft viel zu wenig Geld für ihre harte Arbeit, und sie spritzen – im schlimmsten Fall ohne angemessene Schutzkleidung – je nach Produktionsland teils sogar Pestizide, die bei uns in der Europäischen Union (EU) im Anbau längst verboten sind. Alle konventionellen Säfte stammen aus Brasilien, wo wie auch in anderen Produktionsländern beim Orangenanbau einiges im Argen liegt.
Bessere Lieferketten, einige Fairtrade
Auffällig ist, dass immer mehr Anbieter:innen auf Nachfrage ihre Lieferketten bis zurück zu den Kooperativen oder sogar den Bäuerinnen und Bauern auf dem Feld nachweisen können. Ein extrem wichtiger Schritt, denn nur, wenn sie ihre Lieferketten kennen, können Anbieter:innen überhaupt erst Probleme erkennen und beheben.
Auch Discounter setzen offenbar immer häufiger auf Fairtrade. Das dazugehörige Label, das zwar vielleicht nicht perfekt ist, aber doch einen der höchsten Standards in Sachen soziale und faire Arbeitsbedingungen verspricht, tragen fünf Säfte. Vier weitere tragen zumindest das Label der Rainforest Alliance, das zwar gerade in Sachen faire Bezahlung mit Fairtrade nicht mithalten kann, aber zumindest ein Anfang ist.
Dieses Produkt erhielt von „Öko-Test“ die Note „Mangelhaft“
Für was steht „Fairtrade“?
Fairtrade steht für höhere Löhne plus Prämien, für verlässliche Lieferbeziehungen, für Schulungen und Schutzausrüstung – und zumindest für eine eingeschränkte Pestizidverbotsliste. Das kommt den Arbeiter:innen auf den Feldern direkt zugute. Woran Fairtrade (und im Grunde alle anderen Zertifizierungen auch) derzeit noch arbeiten muss, sind existenzsichernde Löhne, die neben den täglichen Ausgaben einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen. Dazu gehören auch die Ausgaben für Bildung, Gesundheit und Kleidung.
Natürlich unterscheiden sich die Berechnungen von Anbauregion zu Anbauregion, aber bislang konnte kein:e Anbieter:in „Öko-Test“ nachweisen, dass existenzsichernde Löhne gezahlt werden. Die meisten berufen sich auf „nationale Gesetze“, auf „Mindestlöhne“. Rewe tut mehr und zahlt für seinen Penny-Saft den Landwirt:innen einen freiwilligen Betrag, der über die Fairtrade-Prämie hinausgeht.
Lidl wiederum berechnet (leider nur für eins der zwei Lidl-Produkte im Test) die Lücke zwischen dem Fairtrade- und dem existenzsichernden Lohn und zahlt diesen Differenzbetrag einmal im Jahr zusätzlich. Das wird von Fairtrade extern begleitet und unabhängig überprüft. Und auch wenn das noch nicht heißt, dass die Landwirt:innen insgesamt einen existenzsichernden Lohn bekommen, macht ein Discounter vor, was alle anderen sehr schnell nachmachen sollten, findet „Öko-Test“. Schließlich sei die faire Bezahlung das A und O, wenn es um gute Arbeitsbedingungen und die Bekämpfung von Kinderarbeit gehe.