SWR-“Marktcheck“

Krebsgefahr durch Palmöl: Diese Markenprodukte sind schadstoffbelastet

14. Feb. 2017 von

Palmöl ist immer wieder in den Negativschlagzeilen: Für seine Herstellung werden Regenwälder abgeholzt. Zudem können enthaltene Schadstoffe krank machen. Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes gehören zu den möglichen Folgen. Jetzt wurden Markenprodukte auf die problematischen Stoffe getestet.

Palmöl in Lebensmitteln

Palmöl steckt in vielen industriell hergestellten Produkten von Schokoladenaufstrich und Keksen, über Pommes und Tiefkühlpizza, Margarine und Eiscreme bis hin zu Milchpulver und Baby-Brei.

Bereits im Mai 2016 warnten die Experten der EU-Lebensmittelbehörde Efsa vor sogenannten Glycidyl-Estern, die in verarbeitetem Palmöl zu finden sind.

Diese wirken „genotoxisch und karzinogen“, können also Mutationen auslösen und Krebs verursachen.

So gefährlich ist Palmöl

Edmund Maser, Toxikologe an der Uniklinik Kiel fasst die gefährlichen Wirkungen von Glycidyl-Estern für den „SWR Marktcheck“ zusammen:

„Sie können die Chromosomen schädigen, die DNA schädigen und dementsprechend auch in unserem Körper Krebs auslösen. Also da jetzt Glycidil-Fettsäureester ein kanzerogenes Potential besitzen, gibt es eigentlich keine sichere Dosis. Grundsätzlich haben Substanzen, die genotoxisch sind, nichts in Lebensmitteln zu suchen.“

Vor allem Palmöl in Nahrung für Säuglinge stelle laut der Efsa ein großes Problem dar, da es für diese „besonders besorgniserregend“ sei. Von den gesundheitsschädigenden Wirkungen können jedoch sämtliche Altersgruppen betroffen sein.

So entstehen die gefährlichen Stoffe im Palmöl

Die problematischen Glycidyl-Ester können bei der Herstellung von Palmöl entstehen. Aber auch bei der Ernte der Palmfrüchte oder beim Transport können sich schon Vorstufen des Stoffes bilden.

Die meisten Schadstoffe bilden sich jedoch bei der Raffinierung – Palmöl wird dabei bis auf 240 Grad erhitzt.

Das hohe Erhitzen sei nötig, damit dem Öl „Geruchsstoffe und Beistoffe, die den Geschmack negativ beeinflussen würden, entzogen werden“, erklärt Professor Alfonso Lampen vom „Bundesinstitut für Risikobewertung“ (BfR).

Die schädlichen Stoffe entstehen jedoch bei keinem erhitzten Öl in so hoher Konzentration wie beim Palmöl.

„SWR-Marktcheck“ testet Markenprodukte

Trotz der Warnungen reagiert die Industrie kaum. Zahlreiche Produkte enthalten Palmöl und sind mit dessen Schadstoffen belastet. Das zeigt jetzt eine Analyse des „SWR Marktcheck“.

Zehn Produkte, die einen hohen Anteil an Palmöl enthalten, darunter Nussnougat-Cremes, Säuglingsnahrung, Kekse, Chips und Fertiggerichte wurden im Labor untersucht.

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© Screenshot, SWR-Marktcheck
© Screenshot, SWR-Marktcheck

Vier von zehn getesteten Produkten sind schadstoffbelastet

Das Ergebnis: In vier der zehn Stichproben wurden Glycidil-Fettsäureester in teils hohen Konzentrationen gefunden. Nämlich in: Oreo-Keksen, TUC-Cracker, Deli Reform Margarine und Tortilla Chips von Chio.

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© Screenshot, SWR-Marktcheck
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Keine gesetzlichen Grenzwerte

Obwohl man mittlerweile um die gesundheitsgefährlichen Wirkungen weiß, gibt es für Glycidyl-Ester in Lebensmitteln noch keinerlei Grenzwerte.

Bis zum Herbst 2017 plant die Europäische Kommission zwar eine Verordnung — ein Verbot von Glycidyl-Ester ist darin jedoch nicht geplant.

Schon ein Schadstoffmolekül kann Krebs auslösen

Die geplante Verordnung soll lediglich verschiedene Grenzwerte vorschreiben. Toxikologe Prof. Edmund Maser mahnt jedoch, dass bei Substanzen, welche die DNA schädigen können und somit Krebs auslösen können, „theoretisch schon jedes einzelne Molekül im Körper einen Schaden anrichten kann.“

Deshalb sei es schwierig Grenzwerte festzulegen. Langfristig sollte man überlegen, diese Substanzen zu verbieten.

Und dennoch: Es kommt Bewegung im Handel

Während „Ferreo“ erst kürzlich in einer breit angelegten Werbekampagne mit ganzseitigen Anzeigen in Zeitungen und Fernsehspots versichert Ferrero-Einkaufsleiter Vincenzo Tapella: Das von Ferrero verwendete Palmöl sei nicht gesundheitsgefährlich, denn es werde „aus frisch gepressten Früchten gewonnen und bei kontrollierten Temperaturen verarbeitet“. Das Problem der massiven Umweltzerstörung durch Palmölplantagen wird gar nicht erst thematisiert.

Dabei verzichten andere italienische Lebensmittelhersteller bereits auf das umstrittene Öl: Zum Beispiel der Backenwarenproduzent „Barilla“ und Italiens größte Supermarktkette „Coop“. Letztere verbannte das Öl seit der Veröffentlichung der EFSA-Studie im vergangenen Jahres aus ihren Eigenprodukten.

Die Supermarkt-Kette Coop beginnt kurz nach deren Veröffentlichung damit, hunderte Produkte, die Palmöl enthalten, aus den Regalen zu nehmen. Und auch der Backwaren-Hersteller Barilla stellt die Produktion auf palmöl-frei um - und wirbt mit "Senza Olio di Palma".