Ketchup im „Öko-Test“

Ketchup-Klassiker mit Schimmelpilzgiften und zu viel Zucker

08. März 2023 von

Hättest Du das erwartet? Der Ketchup-Klassiker Heinz Tomato Ketchup ist mit „Ungenügend“ eindeutiger Verlierer im großen Vergleich von „Öko-Test“. Das Tomatenprodukt enthält auffällig hohe Mengen eines Schimmelpilzgifts und ist auch das Einzige, das die gesetzte Zuckermarke des Testmagazins reißt. Insgesamt 20 Tomatenketchups standen im Fokus, darunter sieben Produkte mit einem Bio-Siegel.

  • Schimmelpilzgifte sollten definitiv nicht zu den Inhaltsstoffen von Ketchup gehören. In einigen Produkten aber wies das von „Öko-Test“ beauftragte Labor Alternariol und Tenuazonsäure nach.
  • Viele Produkte sind wahre Zuckerbomben. Am wenigsten Zucker enthält der dm Bio Tomaten Ketchup.
  • „Sehr gut“ schneiden im Test nur die Ketchups von Penny und Zwergenwiese ab, weitere sieben „gut“.

Es ist kein Geheimnis, dass der süße Geschmack von Ketchup nicht allein von der natürlichen süße vollreifer Tomaten herrührt. Die meisten Hersteller setzen der roten Soße auch jede Menge Zucker zu. Mit deklarierten 25,3 Gramm Zucker pro 100 Milliliter toppt Testkandidat Heinz Tomato Ketchup alle anderen im Produkttest. Umso mehr freut sich „Öko-Test“, dass zwei Hersteller in puncto Zucker seit dem letzten Ketchup-Test im Jahr 2020 ordentlich nachgebessert haben: Zwergenwiese und Hela. Wiesen ihre Ketchups vor drei Jahren einen Zuckergehalt von um die 27 Gramm auf, liegen sie nun bei 19 beziehungsweise 18,2 Gramm Zucker. Es geht aber noch erfreulicher: Der Tomaten-Ketchup von dm Bio unterbietet mit nur 13 Gramm Zucker pro 100 Milliliter alle anderen Produkte im Test – und schmeckte den Expert:innen von „Öko-Test“ bei der Verkostung trotzdem „sehr gut“.

Dieses Produkt erhielt von „Öko-Test“ die Note „Sehr gut“

Heinz macht viele Minuspunkte

Im beliebten Ketchup-Klassiker von Heinz bemängeln die Tester:innen neben Zucker aber noch weitere Inhaltsstoffe: Schimmelpilzgifte! Das beauftragte Labor hat im Heinz Tomato Ketchup Alternariol (AOH) in einer vergleichsweise sehr hohen Menge nachgewiesen. Das Alternaria-Toxin kann in Produkte gelangen, wenn die Hersteller überreife oder gar schimmelige Tomaten verarbeiten. Zell- und neuerdings auch Tierstudien weisen darauf hin, dass es das Erbgut schädigen kann.

Mit 47 Mikrogramm pro Kilogramm (μg/kg) Alternariol erreicht der Heinz Tomato Ketchup ein Mehrfaches des Richtwerts der EU. Das ist ein trauriger Rekord, wie die Nachfrage von „Öko-Test“ bei der Lebensmittelüberwachung ergab: 2019 hat das CVUA Sigmaringen 65 Proben Tomatenketchup auf Alternaria-Toxine untersucht. Der höchste gefundene AOH-Gehalt lag bei 10,8 Mikrogramm pro Kilogramm. Zur Einordnung: Die EU hat 2022 im Rahmen einer Empfehlung zur Überwachung von Alternaria-Toxinen einen Richtwert von 10 μg/kg Alternariol in verarbeiteten Tomatenerzeugnissen veröffentlicht. „Öko-Test“ hat dem Konzern Kraft Heinz diese Messwerte mitgeteilt. Das Unternehmen hat jedoch bis Redaktionsschluss für das März-Heft 2023, in dem der Test veröffentlicht wurde, keine Stellung zu diesem Fund genommen.

Das von „Öko-Test“ beauftragte Labor hat aber auch in anderen Ketchups Alternaria-Toxine gefunden, allerdings in ganz anderen Größenordnungen. Die Produkte der Marken Hellmann’s und Papa Joe’s schöpfen den AOH-Richtwert zu mehr als 50 Prozent aus. In den Bio-Ketchups von Dennree, Alnatura und dm hat das Labor aus Sicht von „Öko-Test“ erhöhte Gehalte eines anderen Schimmelpilzgifts, der Tenuazonsäure (TeA), gefunden. TeA hat in Tierversuchen die Bildung körpereigener Proteine gehemmt, was potenziell zu Organschäden führen kann.

Dieses Produkt erhielt von „Öko-Test“ die Note „Ungenügend“

Tomatenanbau beutet Menschen aus

Es gibt bei der Ketchup-Produktion aber noch weit mehr zu bemängeln. Auch beim Anbau liegt viel im Argen. Da der weltweite Hunger nach billigen Tomaten riesig ist, müssen in manchen Regionen der Welt Pflücker:innen unter unhaltbaren Arbeitsbedingungen zu Hungerlöhnen schuften. Auch bei uns in Europa, zum Beispiel in Süditalien. Hier packen häufig illegale Migrant:innen mit an. In China wiederum, dem mit Abstand größten Tomatenproduzenten weltweit, arbeiten auf Feldern um Xinjiang, dem Hauptanbaugebiet von Tomaten, nach Angaben der Vereinten Nationen rund eine Million muslimische Zwangsarbeiter:innen. Die meisten von ihnen sind Uigur:innen, die in Arbeitslagern festgehalten werden.

Transparenz bei Lieferketten und Arbeitsbedingungen

„Öko-Test“ wollte deshalb ganz genau wissen, wo die Tomaten der Ketchups im Test herkommen, und bat die Hersteller, ihre Lieferketten offen zu legen. Immerhin fast drei Viertel der Unternehmen bemühten sich um Transparenz und schickten auf diese Anfrage hin Belege. Besonders vorbildlich waren dabei sechs Bio-Firmen, die den Weg ihrer Tomaten vom Feld bis zum fertigen Ketchup nachverfolgen ließen. In 18 Ketchupflaschen stecken Tomaten aus Italien, Spanien oder Portugal.

Es gab auch Antworten auf die Fragen zu den Arbeitsbedingungen, zur Bezahlung und zu Bemühungen für mehr Nachhaltigkeit im Anbau, beispielsweise durch ein sparsames Bewässerungskonzept. So haben die Bio-Anbieter auch in puncto ökologische und soziale Herstellungsbedingungen mehr zu bieten als die konventionellen Hersteller.

Heinz schweigt zur Tomaten-Herkunft

Der Konzern mit den beiden Ketchup-Marken Kraft und Heinz tut sich in puncto Transparenz besonders schwer und hat als einziges Unternehmen keine Angaben gemacht. Weder zur Lieferkette, den Arbeitsbedingungen, zu irgendwelchen Umweltbemühungen noch zur Herkunft der Tomaten macht der Anbieter Angaben. „Öko-Test“ fragt sich: Gibt es dafür gute Gründe? „An der Ernte für ausländische Multis“ seien in China auch Kinder beteiligt, zitiert das Testmagazin den französischen Autor Jean-Baptiste Malet aus seinem Buch „Das Tomatenimperium“, für das er zwei Jahre auf Tomatenfeldern weltweit recherchiert hat. Stammen die schimmligen Tomaten im Heinz-Ketchup also womöglich auch noch aus China? „Öko-Test“ hätte gerne das Gegenteil vermeldet, aber das Unternehmen schweigt.

Die Testsiegerprodukte, die Testtabelle und das Gesamtergebnis findest Du im Detail im ePaper von „Öko-Test“.

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