Konsumententäuschung

Irreführung: foodwatch-Aktion gegen Unilever

02. Aug. 2015 von

Wegen seiner Aussagen über Becel pro.activ hat die Verbraucherschutzorganisation foodwatch Unilever verklagt. Doch das Landgericht Hamburg entschied für Unilever: der Konzern darf weiterhin mögliche Risiken der Margarine verschweigen.

Der Fall

Becel pro.activ sei keine normale Margarine, sondern ein Cholesterin-Medikament in Lebensmittelform und das mit möglichen Nebenwirkungen, so foodwatch.

Unilever behauptete 2011 allerdings mit Zitaten eines Wissenschaftlers, dass es bei Becel pro.activ „aus wissenschaftlicher Sicht keinen Hinweis“ auf Nebenwirkungen gibt. Doch foodwatch entgegnet: diese Aussage sei schlichtweg falsch!

Studien liefern Hinweise für Gesundheitsrisiko

Das Urteil erlaubt es Unilever die umstrittenen Aussagen über das Produkt Becel pro.activ weiter zu verbreiten — und das unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt, so foodwatch. Das Landgericht Hamburg unterzog die Behauptung, nach der es „aus wissenschaftlicher Sicht keinen Hinweis“ auf Nebenwirkungen der cholesterinsenkenden Margarine gebe, keinem Faktencheck. Und das obwohl diese Aussage laut foodwatch nachweislich falsch sei.

foodwatch führt an, dass es eine Reihe von Studien gebe, die entgegen der Aussage von Unilever „Hinweise“ auf Nebenwirkungen der Margarine geliefert haben. Das staatliche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und die europäischen Fachgesellschaften für Herz-Kreislauf-Krankheiten EAS (European Atherosclerosis Society) und ESC (European Society of Cardiology) äußerten sich entsprechend kritisch zur Sicherheit von Lebensmitteln mit zugesetzten Pflanzensterinen wie Becel pro.activ. Demnach können Pflanzensterine gerade das verursachen, was sie verhindern sollen: Ablagerungen in den Gefäßen, verbunden mit einem höheren Risiko für Herzkrankheiten.

Urteil Freibrief für Verbraucher-Täuschungen?

foodwatch befürchtet, dass die Folgen des Urteils für Konsumenten weitreichend sein könnten. Denn es öffnet einer Masche der Lebensmittelindustrie Tür und Tor, welche die Verbraucher in Zukunft bei vielen angeblichen Gesundheitswunderprodukten täuschen könnte:

„Die Unternehmen spannen unparteiisch und glaubwürdig erscheinende Wissenschaftler vor ihren Werbekarren – weil deren Aussagen aber als bloße Meinungsäußerung eingestuft werden, dürfen sie verbreitet werden, ob sie wahr sind oder nicht,“ so foodwatch.

foodwatch fordert aus diesem Grund ein grundsätzliches Verbot von gesundheitsbezogener Werbung für Lebensmittel. Produkte mit medizinischer Wirkung sollten vielmehr ein arzneimittelrechtliches Zulassungsverfahren samt zugehörigen Langzeitstudien durchlaufen und – ggf. auf ärztliches Rezept – in der Apotheke verkauft werden.