Glutenfrei: Ein Trend in der Kritik
Viele Menschen verzichten auf Gluten, da sie eine Intoleranz haben. Nun scheint ein richtiger Glutenfrei-Trend entstanden zu sein: Immer mehr Menschen ohne Unverträglichkeit verzichten ebenfalls auf das Protein. Mit welchen Folgen?
Ein Trend geht um die Welt
„Ihr solltet alle einmal eine Woche auf Gluten verzichten“, forderte Miley Cyrus ihre Fans auf. „Die Haut wird viel schöner, ihr fühlt euch besser und seid glücklicher.“ Ob sie damit Recht hat? Angefangen in Hollywood, hat der Glutenfrei-Trend nun auch Europa erreicht. Obwohl bei den meisten keine Intoleranz - medizinisch: Zöliakie - vorhanden ist, wird eine glutenfreie Ernährung vorgezogen. Das Protein wird regelrecht als „böser“ Zusatzstoff bezeichnet. Zudem behaupten immer mehr Prominente, eine Diät mit glutenfreien Lebensmitteln helfe beim Abnehmen. Ob das stimmt?
Was ist Gluten?
Gluten ist ein Protein, das in den meisten Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Hafer, Dinkel und Gerste enthalten ist. Er wirkt wie ein Kleber, um Mehl mit Wasser zu einem elastischen Teig zu verbinden. Der Begriff kommt vom lateinischen „gluten“ für Leim. Gluten ist also in zahlreichen Nahrungsmitteln wie Pizza, Brot, Nudeln enthalten. Aber auch in Produkten, in denen man es nicht erwartet, wie Bouillon oder Schokolade.
Glutenunverträglichkeit
Etwa jeder 100. Mensch hat eine Glutenunverträglichkeit. Der Darm kann dabei das Protein nicht vollständig aufspalten, es bleiben also Gluten-Bruchstücke zurück. Die Folge: Bauchweh, Blähungen, Entzündungen, Durchfall, Eisenmangel oder Wachstumsstörungen. An Glutenallergie leiden immer mehr Menschen. Wieso diese Zahl zunimmt, ist noch ungewiss. Ausserdem können viele Ärzte zwar keine Zöliakie, aber eine Glutensensitivität, also eine empfindliche Reaktion auf Gluten, feststellen. Die einzige Lösung für Betroffene ist eine lebenslange glutenfreie Ernährung.
Das ist im Grunde nicht schwierig, fordert aber eine Umgewöhnung und Flexibilität:
- Statt Mehl aus Weizen, sollte Mehl aus Buschweizen, Mais oder Hirse verwendet werden.
- Statt Brot aus Roggen oder Weizen sollten Mais-Vollwert-Brote, Hirse-Vollwert-Brote oder Reis-Vollwert-Brote konsumiert werden.
- Statt Hartweizenpasta kommen Buchweizennudeln, Maisnudeln oder auch einmal Sojanudeln auf den Tisch.
- Statt zu Haferflocken und normalem Müsli sollte beim Frühstück zu glutenfreiem Müsli oder glutenfreien Backwaren gegriffen werden.
- Auf das Symbol für Glutenfreiheit achten.
- Auf Fertigprodukte wie Suppen, Saucen, Süssigkeiten usw. verzichten. Glutenhaltige Mehle sind als Bindemittel enthalten und sollten deshalb gemieden werden.
Doch wie gesund ist eine glutenfreie Ernährung für Personen ohne Intoleranz?
Glutenfrei-Trend: Mehr Schaden als Nutzen
Ärzte sehen diesen Trend als sehr kritisch: „Es ist ein Riesenmist“, sagt Raoul Furlano, Magen-Darm-Spezialist am Universitäts-Kinderspital Basel. Der Grund: Glutenfreie Produkte haben einen höheren glykämischen Index. Nahrungsmittel mit einem hohen glykämischen Index sorgen dafür, dass man schneller wieder Hunger hat, sobald der Blutzucker absackt. Die Hersteller ersetzen Weizen zudem oft mit kalorienhaltigem Reis- oder Maismehl. Es gibt zahlreiche glutenfreie Lebensmittel, die dafür mehr Fett, Zucker und Kalorien enthalten. So ersetzen Hersteller beispielsweise Weizen oft mit kalorienhaltigem Reis- oder Maismehl. Das kann dazu führen, dass Menschen eher an Gewicht zunehmen.
Der Mythos, glutenfreie Ernährung helfe beim Abnehmen, kann also als falsch abgestempelt werden. Dass manche Promis bei einer Gluten-Diät trotzdem an Gewicht verlieren, kann damit erklärt werden, dass sie sich schlicht und einfach bewusster und gesünder Ernähren. Zudem besteht Weizenmehl vor allem aus Stärke, einem kalorienreichen Kohlenhydrat. Die hohe Energiezufuhr ist wichtig für unseren Körper, fördert aber auch Fettpolster. Mit den Weizenprodukten wird also auch eine Hauptkalorienquelle verbannt.
Ein weiteres Argument gegen den Glutenfrei-Trend nennt die Ernährungsberaterin Diana Studerus: Die Glutenfrei-Mode werfe ein falsches Licht auf die Zöliakiebetroffenen. Viele würden sich angegriffen fühlen, wenn man ihre Krankheit als Modeerscheinung abtut.
Die glutenfreie Diät für Nichtbetroffene sei eine "Mode ohne medizinischen Hintergrund", meint auch Christoph Gubler, Gastroenterologe am Universitätsspital Zürich. Glutenfreie Ernährung bringe nur Zusatzkosten und Umstände. Tatsächlich sind glutenfreie Produkte massiv teurer als normale und ausserdem viel krümeliger und trockener, da der „Kleber“ fehlt.
Gluten ist für gesunde Menschen also keineswegs schädlich. Solange keine Unverträglichkeit vorliegt, ist es deshalb auch nicht notwendig, auf glutenfreie Lebensmittel umzustellen. Wenn ein begründeter Verdacht gehegt wird, sollte immer zuerst mit dem Arzt gesprochen werden, bevor eine Glutendiät gehalten wird. Warum? Wer bei Verdacht auf eine Unverträglichkeit auf Gluten verzichtet, bei dem lässt sich die Krankheit nicht mehr nachweisen. Der Nachweis erfolgt über Antikörper gegen Gluten - und die bilden sich, wenn sich Betroffene glutenhaltig ernähren.
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