Umwelt

Der Bodenatlas 2015

05. März 2015 von

Essen besser bleiben lassen: Ernährung führt laut Bodenatlas 2015 zu massiven Umweltschäden und schädigt überdies Umwelt, Wirtschaft und Sozialwesen der Herstellungsländer europäischer Importwaren.

Die parteinahe Heinrich-Böll-Stiftung e.V. alias „Die grüne politische Stiftung“, wie sie sich selbst bezeichnet, gab zusammen mit dem Institute for advanced and sustainable studies in Potsdam, dem Bund für Umwelt- und Naturschutz und der Monatszeitung Le Monde Diplomatique am 8.1.2015 erstmals den „Bodenatlas“ heraus. Ebenso, wie beim Fleischatlas, sind die Inhalte weniger wissenschaftlich als eher parteiideologisch geprägt.

Mit Recht kritisieren der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Landwirtschaftskammer Österreich teils schwerwiegende Lücken und die Verwendung von fehlerhaftem sowie veraltetem Datenmaterial. „Zentrale Aussagen bleiben ohne Herleitung und Darstellung der Berechnungsgrundlage und Fakten werden ausgeblendet, die nicht ins Bild passen“, so der Generalsekretär des DBV, Bernhard Krüsken. Nichtsdestotrotz erkennen beide Organisationen an, dass es wichtig ist, die Verbraucher darauf hinzuweisen, dass der Boden als Lebensgrundlage nicht grenzenlos verfügbar ist.

Brötchengeber Boden

Die Produktion von Lebensmitteln wird allein durch Landwirtschaft ermöglicht. Egal ob Getreideprodukte, Gemüse, Fleisch oder Milch: Die Grundlage von allem, was wir essen, entsteht auf Weideland und Äckern. Genau hier setzt eine der Kritiken des Bodenatlas an: „Wenn der Boden falsch und zu intensiv genutzt wird, verliert er seine Funktionsfähigkeit und degradiert. Schätzungsweise 20 bis 25 Prozent aller Böden weltweit sind bereits davon betroffen, und jedes Jahr verschlechtern sich weitere 5 bis 10 Millionen Hektar.“

Leider gibt es weder Herleitungen noch Belege für diese Zahlen. Weiter heißt es, das Pflügen führe zu Wasser- und Winderosion, das Düngen zur Freisetzung von Distickstoffmonoxid, der Reisanbau zu Methanemissionen und die Haltung von Kühen und anderen Wiederkäuern schädige das Klima durch Treibhausgase. Die Tatsache, dass wir uns ernähren, führt also zu massiven Umweltschäden. Bislang ist jedoch nicht bekannt, dass sich irgendein Mitglied von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN oder der Heinrich-Böll-Stiftung von Astronautennahrung ernährt.

„Eine Art moderner Kolonialismus“ (Spiegel)

Ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt des Bodenatlas betrifft den Welthandel. Zusammengefasst wird hier die These aufgestellt, Länder, in denen Nahrungsmittelknappheit herrscht, dürften nicht exportieren. Dass Europa Waren wie Futtermittel aus Ländern „einschließlich China, der Mongolei, Russland, Brasilien und anderen Staaten, von denen einige nicht einmal ihre eigenen Staatsbürger mit Grundnahrungsmitteln und Gütern versorgen können“ bezieht und bezahlt, wird im Bodenatlas rundheraus verurteilt: „Europas gewaltiger Bedarf an Land wirkt sich negativ auf die Umwelt, das Sozialwesen und die Wirtschaft der Regionen aus, aus denen es kommt.“

Um diese These zu untermauern, bemüht der Bodenatlas ein relativ wolkiges Gedankengebilde namens „Land-Fußabdruck“, dass darstellen soll, wie viel Fläche außerhalb Europas für die Herstellung von nach Europa exportierten Produkten gebraucht wird. Wie auch zum Fleischatlas gab Georg Keckl eine herzerfrischend professionell recherchierte Kritik zum Bodenatlas heraus. Hier zeigt er auf, dass Europa, „etwa das 30-fache an Gewicht gegenüber der Importmenge“ in die Mongolei exportiert, die ja im neuen Werk der Heinrich-Böll-Stiftung als Opfer der schädigenden Landnahme durch europäischen Staaten dargestellt wird.

„Unsere ‚landverbrauchenden‘ Hauptexportgüter in die Mongolei sind Süßwaren, verarbeitetes Obst und Gemüse, Wein, Erfrischungsgetränke und Zucker“, führt er weiter aus. Im Übrigen war die Herausgabe des Bodenatlas nur für wenige Printmedien ein Thema. Unter letzteren befand sich auch der Spiegel. Dieser titelte am 05.01.2015 völlig unkritisch und sehr beflissen: „Moderner Kolonialismus: Landnahme mit katastrophalen Folgen“.

Fragwürdige Prognosen

Natürlich wird im Bodenatlas schon auf Seite 15 die Büchse der Pandorra geöffnet, um eine schreckliche Zukunftsvision zu offenbaren: „Nach einem Bericht der UN-Entwicklungsorganisation UNDP ist – bei unverändert zunehmender Nutzung des Landes – schon 2020 die Grenze einer ökologisch tragfähigen Beanspruchung erreicht.“

Leider wird weder darauf eingegangen, dass der Landverbrauch in Ländern wie Deutschland innerhalb der letzten 100 Jahre sogar gesunken ist, noch darauf, auf welchen Daten diese UNDP-Prognose basiert. Noch weniger Rechnung wird der begründeten Annahme der Vereinten Nationen getragen, dass „im Jahr 2050 in Europa ca. 40 Millionen Menschen weniger wohnen ⦋werden⦌ als heute“ (Bundeszentrale für politische Bildung).

Europäer verbrauchen mehr Fleisch, als Einwohner von Bangladesch!

Selbstverständlich steht der Bodenatlas seinem wissenschaftlich ebenso fundierten Zwillingsbruder Fleischatlas in nichts darin nach, Europas Einwohner zu Vegetariern machen zu wollen.

„Würde jeder Erdbewohner so viel Fleisch verzehren wie ein durchschnittlicher Europäer, so müssten 80 Prozent des weltweit verfügbaren Ackerlandes ausschließlich für die Fleischproduktion genutzt werden. Umgekehrt würde eine Halbierung des EU-Verbrauchs von Tierprodukten aller Art den ‚Land-Fußabdruck‘ der EU um 35 Millionen Hektar Äcker und 9 Millionen Hektar Weiden reduzieren“, wird hier argumentiert.

Als Vergleichsbeispiel zum exorbitanten europäischen Konsumverhalten wird an dieser Stelle Bangladesch verwendet. Auch dieses Beispiel wirkt fast schon grotesk, da Bangladesch mit einem Bruttosozialprodukt von ca. 400 Dollar jährlich pro Einwohner als Entwicklungsland gilt. Mangelernährung und Armut sind hier vorherrschende Probleme. Etwa 90 Prozent der Bevölkerung bekennt sich zum Islam und isst somit kein Schweinefleisch. In einem Artikel der ENGAGEMENT GLOBAL GmbH heißt es: „Das Bengalische Institut für Entwicklungsstudien berichtete, dass im Jahr 2008 die Kalorienzufuhr eines Erwachsenen im Durchschnitt zu 76 Prozent aus Getreide – vor allem Reis – stammte, zu 17 Prozent aus anderen pflanzlichen Quellen und zu nur sechs Prozent aus tierischen Quellen, vor allem Fisch.“ Fisch ist eines der tierischen Hauptnahrungsprodukte des Landes, das von zahlreichen Wasserläufen durchzogen ist.

Quellen:

http://www.iass-potsdam.de/sites/default/files/files/bodenatlas2015_deutsch.pdf

http://keckl.de/texte/Anti%20Bodenatlas.pdf

http://de.wikipedia.org/wiki/Bangladesch