Das Maß aller Dinge ist das Maß
Nicht erst seit Coca Cola „Life“ ist Stevia in aller Munde. Mal abgesehen davon, dass uns noch nie ein Wanderer mit einer Coca Cola im Gepäck unter die Augen gekommen ist, lohnt es sich, den „natürlichen“ Süßstoff genauer unter die Lupe zu nehmen.
Das süße Kraut aus Paraguay
Stevia rebaudiana Bertoni ist eine Staude, die bereits von der indigenen Bevölkerung Südamerikas genutzt wurde und auch Honigkraut oder Süß-Kraut genannt wird. Ihre Blätter enthalten einen Stoff, der mehr als 200-mal süßer ist als gewöhnlicher Zucker. Während die Pflanze in Asien schon vor einem halben Jahrhundert bekannt wurde, dauerte die Einführung in die europäischen und amerikanischen Märkte etwas länger. Grund für die lange Wartezeit war unter anderem eine von Monsanto finanzierte Studie, die Stevia gefährliche Nebenwirkungen attestierte. Da Monsanto selber einen künstlichen Süßstoff produziert, sind diese Ergebnisse möglicherweise mit Vorsicht zu genießen. Seit 2011 ist der Stoff nun aber auch bei uns zum Konsum zugelassen.
Die gesunde Schwester des bösen Haushaltzuckers
Die Vorteile von Stevia sind schnell aufgezählt: Wie Zucker ist es lange haltbar, leicht wasserlöslich, man kann damit backen und kochen. Im Gegensatz zum Haushaltszucker enthält es aber fast keine Kalorien, hat keine Auswirkung auf den Blutzucker und ist deshalb für Diabetiker geeignet. Außerdem kriegt man davon kein Karies. Da es so süß ist, braucht man nur sehr kleine Mengen, um Kaffee oder Kuchen zu verfeinern. Klingt wie die perfekte Alternative zum Stiefbrüderchen Zucker, der vor einigen Jahren „Fett“ als Erzfeind Nr. 1 des gesunden menschlichen Körpers abgelöst hat. Sollen wir diesen nun endlich aus unseren Küchen verbannen? Nun, vielleicht nicht.
Schwierig zu dosieren bei starkem Eigengeschmack
Offensichtlich ist das Süßen von Getränken mit Stevia schwieriger als erwartet: Auch im neuen Coca Cola macht es nur 60% des Zuckergehaltes aus. Grund dafür ist der ADI-Wert von Stevia Süßstoff, welcher die gesundheitlich unbedenkliche maximale Tageshöchstdosis angibt. Dieser ist so niedrig, dass bei vielen Produkten nur etwa ein Drittel des Zuckergehalts damit ersetzt werden kann. Auch kann man sich gleich von der Vorstellung verabschieden, dass es sich hier um ein „natürliches“ Lebensmittel handle: Bei der Herstellung des Süßungsmittels werden die Steviolglykoside in einem chemischen Verfahren isoliert – und von den wertvollen Inhaltsstoffen der Steviapflanze getrennt. Auch der lakritzartige Eigengeschmack des Süßstoffes verhindert, dass er breitflächig eingesetzt werden kann.
Stevia macht nicht glücklich
Es ist nicht schön, wenn ein Vorteil eines Produktes gleichzeitig sein Nachteil ist. Der Fakt, dass Stevia keinen Einfluss auf den Blutzucker hat, bedeutet nämlich, dass der Körper kein Insulin ausschüttet und auch kein Serotonin, welches auch als „Glückshormon“ bekannt ist. Dieses befriedigende Gefühl, das wir haben, wenn wir zum Beispiel Schokolade essen, bleibt uns also verwehrt. Es bleibt also die ewig gleiche Laier: Die Dosis macht das Gift. Das gilt für Zucker ebenso wie für Fett.