Wie umweltfreundlich sind kompostierbare Portionskapseln aus Plastik?
Kaffee, Tee und Milch – das alles gibt es vorportioniert in Kapselform, zum Beispiel aus Aluminium. Eine bequeme Erfindung, aber die Umweltbilanz dieser Einzelverpackungen ist verheerend. Hersteller werben daher seit einigen Jahren mit aluminiumfreien, kompostierbaren Kapseln aus Bioplastik. Sie suggerieren, dass ihre Verwendung umweltfreundlich sei. Tatsächlich aber ist Bioplastik keine nachhaltige Alternative.
Biokunststoff – nur ein grünes Märchen?
Wusstest Du, dass mit „Bioplastik“ sowohl biologisch abbaubare als auch biobasierte Kunststoffe bezeichnet werden? Ihre Eigenschaften sind jedoch nicht identisch, was Folgen für die weitere Verwertung hat. Im Entsorgungsprozess steht das Material vor großen Herausforderungen.
Der Begriff „biobasiert“ steht für Kunststoffe, die ganz oder teilweise aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Das klingt nachhaltig, ist es aber nur bedingt. Denn diese Kunststoffe müssen nicht komplett aus Biomasse wie Mais, Stärke oder Zuckerrohr bestehen. Sie dürfen auch fossile Anteile aufweisen, sogar in überwiegender Menge. Damit können Verpackungen aus biobasiertem Plastik, die Du für Dein gutes Gewissen kaufst, vollständig biologisch abbaubar sein, müssen es aber nicht.
Biologisch abbaubare Kunststoffe bestehen aus biologisch abbaubaren Polymeren. Das sind chemische Verbindungen, die sich bei der Kompostierung durch biologische Mechanismen wie Mikroorganismen und Enzymen in Wasser, Kohlendioxid und Biomasse zersetzen. Allerdings werden Kunststoffkapseln, dünne Einkaufstüten von der Obst- und Gemüsetheke oder Einweggeschirr aus Plastik, das das Label „100 Prozent kompostierbar“ trägt, in Deinem Kompost zu Hause nicht immer vollständig abgebaut. Die Verrottung kann Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern. Sie würden den Kompost auf sehr lange Zeit mit Plastikresten verunreinigen.
Außerdem werden Biokunststoff bei der Herstellung verschiedene chemische Zusätze hinzugefügt, um die gewünschten Eigenschaften zu erzielen. Wie bei herkömmlichem Plastik können bestimmte Chemikalien auch bei Bioplastik in unsere Lebensmitttel übergehen oder über den Kompost in die Umwelt gelangen. Die Langzeitauswirkungen auf Natur und Gesundheit sind bisher wenig erforscht.
Bioplastik lässt sich nicht wie Biomüll kompostieren
Im Idealfall entsorgst Du häuslichen Biomüll in der Biotonne. Das sieht auch der offizielle Verwertungskreislauf so vor. Von dort aus landet er in einer industriellen Kompostieranlage, wo er laut dualem System als vollständig kompostiert gilt, wenn er sich zu mindestens 90 Prozent zersetzt hat. Das ist für Apfelreste, Gurkenschalen oder anderen organischen Müll wie Kaffeesatz kein Problem – für Biokunststoff aber schon! Deswegen gehören Einwegkapseln aus Plastik in den Restmüll. Die Entsorgung über die gelbe Tonne oder den gelben Sack ist nicht erlaubt, weil die Sortieranlagen die Kapseln nicht erkennen und deshalb auch nicht aussortieren können. Trotzdem dürfen zum Beispiel auf Kaffeekapsel-Verpackungen von Beanarella oder Lavazza Slogans wie „zu 100 Prozent kompostierbar“ oder „voll verwertbar“ prangen.
Wann gilt eine Verpackung als vollständig kompostierbar?
Nach der deutschen DIN 13423 bzw. der europäischen Norm EN 14332 machen die Hersteller damit auch nichts falsch. Die beiden identischen Normen legen fest, wann eine Verpackung als kompostierbar gilt. Leider berücksichtigen sie dabei nicht, dass die Realität anders aussieht.
Die Kriterien der Norm DIN 13423
- Offenlegen: Welche Inhaltsstoffe lassen sich feststellen? Sind die Grenzwerte für Schwermetalle eingehalten?
- Nachweisen: Sind mindestens 90 Prozent des organischen Materials nach sechs Monaten in einer wässrigen Umgebung in CO₂ umgewandelt?
- Prüfen: Gibt es nach drei Monaten der Kompostierung und anschließendem feinen Sieben weniger als zehn Prozent Rückstände in Bezug auf die Ausgangsmasse?
- Praxistest: Wirkt sich die industrielle Kompostierung der Verpackung negativ auf den gesamten Kompostierungsprozess aus?
- Agronomietest: Welchen Effekt hat der aus der Verpackung entstehende Kompost auf das Wachstum von Pflanzen?
- Ökotoxizitätstest: Enthält der Kompost nach der Kompostierung Giftstoffe?
Gegen den Kapselwahnsinn: Nachhaltige Alternativen noch rar
Wenn Du für die Zubereitung Deines Espressos oder Tees nicht auf Kapseln verzichten möchtest, kannst Du zu wiederbefüllbaren Kapseln aus Plastik oder besser noch aus Edelstahl greifen. Verschiedene Hersteller bieten diese zum Beispiel für Nespresso-Maschinen an. Den Kaffeesatz kannst Du mit gutem Gewissen im Biomüll oder auf dem Komposthaufen entsorgen.
Hersteller sollten ihre Einwegsysteme radikal infrage stellen und mit Nachdruck die Entwicklung nachhaltiger Alternativen und Mehrwegsysteme vorantreiben. Sie sind aber nicht alleine für die Umweltsünden verantwortlich. Auch wir Verbraucher:innen können unseren Teil zur Plastikvermeidung beitragen, indem wir unser Konsumverhalten kritisch hinterfragen und zum Beispiel konsequent auf die bequemen Einwegprodukte verzichten.
Weiterführender Link
Quellen
- Umweltbundesamt: Biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffe
- Food Packaging Forum: BIOPLASTICS food packaging