Weichmacher: Der Teufel steckt im Kunststoff
In vielen Industrieländern sinkt die Fruchtbarkeit bei jungen Männern. Man vermutet einen Zusammenhang mit sogenannten Phthalaten, Weichmachern, die in fast allen Kunststoffen zu finden sind.
Nun hat ein Team des Universitätsspitals Genf (HUG) und der Universitäten Genf und Lausanne Veränderungen im Erbgut von Mäusen festgestellt, welche mit Phthalaten gefüttert worden waren.
Omnipräsente Industriechemikalien
Weichmacher wie Phthalate machen Plastik flexibel, dehnbar und elastisch. Sie werden in Polyvinylchlorid (PVC) und anderen Kunststoffen eingesetzt. Man findet sie zum Beispiel in Farben, Kleidung oder Spielzeug, aber auch in Fußbodenbelägen und Folien. In Pestiziden, Kosmetika und Parfum dienen sie als Trägerflüssigkeit. Da sie in den Kunststoffen nicht chemisch gebunden sind, sondern nur gelöst, können sie in Kontakt mit Flüssigkeiten oder Fetten herausgelöst werden oder in die Umgebungsluft entweichen.
Kinder besonders exponiert
Wie bereits erwähnt, gibt es im Alltag unzählige Expositionsquellen. Phthalate finden wir auch in der Nahrung, im Trinkwasser, im Verpackungsmaterial und in allen kunststoffhaltigen Gebrauchsgegenständen. In Innenräumen sind wir ihnen durch die Ausgase von Fußböden und kunststoffbeschichteten Möbeln ausgesetzt.
Bis vor kurzem war es nicht möglich, die tatsächliche individuelle Belastung zu bestimmen, nun zeigt sich aber, dass diese noch höher ist als bislang angenommen. Insbesondere Kleinkinder und Kinder sind einem zusätzlichen Risiko ausgesetzt, weil sie im Verhältnis zum Körpergewicht mehr Nahrung aufnehmen als Erwachsene und weil sie Kunststoffgegenstände in den Mund nehmen.
Einfluss auf die Fruchtbarkeit
Bei längerer oder wiederholter Exposition zeigen Phthalate gefährliche Wirkungen. In Versuchen mit Mäusen wurde nachgewiesen, dass sie die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen und zu Entwicklungsstörungen bei den Nachkommen führen.
Die Effekte sind unter anderem reduzierte Spermienzahl, Hodenhochstand, Entwicklungsstörung der Harnröhre und andere Missbildungen der Fortpflanzungsorgane. Diese Entwicklungen sind charakteristisch für eine Störung des Hormonhaushalts. Die so wirkenden Phthalate werden deshalb auch Xenohormone oder endokrine Disruptoren genannt. Viele dieser im Tierversuch bewiesenen Effekte müssen auch als relevant für den Menschen erachtet werden.
Veränderung des Erbgutes
Die Forscher der HUG und der Universitäten Genf und Lausanne haben bei ihren Tests mit Mäusen herausgefunden, dass sich deren Erbgut verändert hat. Das ist bedeutsam, denn die epigenetischen Veränderungen können nicht nur die Entwicklung beeinflussen, sondern auch weiter vererbt werden. Dies könnte einen enormen Einfluss auf die Fortpflanzung kommender Generationen haben.