Umstrittene Süßigkeiten-Werbung ködert Kinder
Unser Nachwuchs ist für Werbestrategen leichte Beute. Mit Comics auf Verpackungen, oder Spielfiguren als Beigabe, schaffen sie es schnell, Kinder für ungesunde Produkte zu begeistern. Mit schlimmen Folgen.
Reizüberflutung für Kinder
Die Industrie hat einige Tricks auf Lager, um uns zum Kauf teurer und leider oft ungesunder Lebensmittel zu verleiten: Sie sind hübsch verpackt und im Supermarkt geschickt auf Augenhöhe platziert.
Doch während unsereins schon bewusster mit solchen Verführungsstrategien umzugehen weiß, hat es der Nachwuchs diesbezüglich schwer.
Kinder, vor allem die sehr jungen, nehmen alle Reize weitgehend ungefiltert wahr, erklärt schwäbische.de. Und an Reizen mangelt es nicht.
Im Durchschnitt sehen Kinder im Jahr mehr als 12 000 Werbespots, wie der Hamburger Forscher Thomas Effertz herausgefunden hat.
So ködert die Industrie die Kleinen
Welche Vorlieben die Kleinen haben, das wissen die Marketingstrategen der Industrie ganz genau und nutzen diese Geschickt aus.
So wirbt der Cerealien-Riese Kellog's gerne mit Comicfiguren auf der Verpackung seiner Cornflakes. Das kommt bei Kindern besonders gut an, weiß der Wissenschaftler Bernd Weber von der Uni Bonn.
Spricht die Werbung die Zielgruppe direkt mit kindgerechten Inhalten an, reagierten Kinder besonders stark. „Dies sind vor allem Zeichentrickfiguren oder Charaktere“, so der Verhaltensforscher, „zudem sind Beigaben auf Nahrungsmitteln für Kinder extrem reizvoll.“ So findet man immer wieder Sammelkarten oder kleine Figuren in Cornflakes oder anderen Süßigkeiten.
Nur 29 Prozent der Produkte für Kinder geeignet
Die Tricks der Hersteller sind umstritten, denn meist ködern gerade die Produzenten von ungesunden Lebensmitteln – dank hoher Werbeetats – die Kinder besonders geschickt.
Wie problematisch die Produkte für Kinder sind, hat die Verbraucherorganisation Foodwatch in diesem Sommer aufgedeckt: 281 Lebensmittel wurden untersucht, bei denen sich die Reklame direkt an Kinder richtet.
Gerade einmal 29 Prozent der Produkte hätten nach den Maßstäben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an Kinder vermarktet werden dürfen, wenn sich die Industrie an ihre, in einer Selbstverpflichtung festgelegten Maßstäbe, gehalten hätte.
Die gesundheitlichen Folgen
Verbraucherschützer und Kinderärzte warnen schon seit Jahren vor den möglichen Folgen der Werbung für ungesunde Produkte und der daraus resultierenden ungesunden Ernährung. Bereits jeder siebte Heranwachsende ist übergewichtig. Häufig resultieren daraus Folgekrankheiten wie Diabetes.
„Die meisten Kinderlebensmittel sind keine Lebensmittel, sondern lediglich Süßigkeiten“, mahnte Dietrich Garlichs von der Deutschen Diabetes Gesellschaft.
Keine Besserung in Sicht
Der Zentralverband der Werbewirtschaft weist die Vorwürfe zurück: Übergewicht sei ein weltweites Problem und bei deutschen Kindern unterdurchschnittlich verbreitet. Werbung mache keine Kinder dick, heißt es.
Dabei räumt selbst der Lobbyist der Firma Mars, Matthias Berninger, ein, dass die europäische Selbstverpflichtung der Industrie zu schwach ist.
Bislang konnte die Industrie entsprechende gesetzliche Regelungen bezüglich der Werbung verhindern, wie die Einführung einer Lebensmittelampel vor einigen Jahren. Momentan gibt es in der Bundesregierung auch keine Anzeichen für eine veränderte Haltung.