Tüten-Guide: Welche Tasche ist die ökologischste Alternative?
Verschmutzte Meere, zerstörte Lebensräume – Mikroplastik in Fischen, Schalentieren, Trinkwasser und Salz. Die Folgen des immensen Einsatzes von Kunststoff sind verheerend. Beim Einkaufen versuchen wir deshalb beispielsweise auf Plastiktüten zu verzichten: Stattdessen greifen wir zu Taschen aus Bioplastik oder Papiertüten. Was ist die beste Alternative?
Kunststoffflut: Plastiktüten über Plastiktüten
Aktuell werden weltweit pro Jahr mehr als 89 Milliarden Plastiktragetaschen benutzt. Als sei das nicht erschreckend genug, werden 90 Prozent dieser Plastiktüten nur ein einziges Mal verwendet – und das für gerade mal durchschnittlich 25 Minuten. Danach landen sie auf dem Müll – im besten Fall.
Einmal in der Natur gelandet, verrottet Plastik nur sehr schlecht. Im Meer braucht es 450 Jahre, bis es sich zersetzt. Und schon jetzt überschwemmen Mikroplastikpartikel unsere Meere.
Mit diesem Wissen stellst Du Dir vielleicht beim nächsten Supermarktbesuch die Frage: Zu welcher Tragetasche kann ich denn unbedenklich greifen?
Ist „Bioplastik“ eine Alternative?
Die handelsüblichen Einwegtüten sind in den allermeisten Fällen Tüten aus Polyethylen. Meist werden diese aus Neugranulat aus fossilem Rohöl hergestellt. Bei einmaliger Nutzung ohne anschließendes Recycling ist ihre Öko-Bilanz aufgrund des hohen Ressourcenverbrauchs miserabel. Was soll Tüten aus „Bioplastik“ besser machen?
Zunächst – „bio“ kann hier zweierlei bedeuten:
- entweder handelt es sich bei den verwendeten Materialien um nachwachsende Rohstoffe, und das so hergestellte Plastik kann daher als „bio“ bezeichnet werden
- oder es bezieht sich auf die biologische Abbaubarkeit
Vielleicht fragst Du Dich jetzt, ob nicht das eine das andere eigentlich sowieso mit einschließt. Leider nicht: Ein nachwachsender Rohstoff ist nicht zwangsläufig biologisch abbaubar – und genauso wenig kann aus biologischer Abbaubarkeit geschlossen werden, dass die Rohstoffe biologisch sind.
Sehen wir uns nun zunächst die „biologisch abbaubare“ Variante näher an:
Die Tücken „biologisch abbaubarer“ Plastiktüten
Trotz der guten Intentionen sind diese Tüten für die Umwelt keine bessere Alternative als alle anderen Plastiktüten. Im Gegenteil: Oftmals sind solche Tüten nur zu 30 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen, der Rest besteht aufgrund technischer Notwendigkeiten weiterhin aus Rohöl.
In der Landwirtschaft verdrängen die Energiepflanzen, die für diese nachwachsenden Rohstoffe angebaut werden, zudem andere Nutzpflanzen und reduzieren die biologische Vielfalt, was sich negativ auf die Umwelt auswirkt. Außerdem wird für diese Tüten mehr Material verwendet als für herkömmliche, da sie sonst nicht die gleiche Reißfestigkeit aufweisen können, was den Ressourcenverbrauch noch stärker in die Höhe treibt.
Und es geht noch weiter: Auch wenn man bei dem Namen vermuten sollte, dass die Plastiktüten vollständig kompostierbar sind, sind sie das meist nur unter industriellen Idealbedingungen mit Sicherheit. Auf dem eigenen Komposthaufen haben sie jedenfalls nichts zu suchen, da sie sich dort nicht oder nur sehr langsam zersetzen. Das „Bundesumweltamt“ schreibt dazu weiter: „In der Regel entstehen aus biologisch abbaubaren Kunststoffen auch keine wertvollen Bodenbestandteile, sondern es findet lediglich ein Abbau zu Kohlendioxid (CO2) und Wasser statt.“
Die Möglichkeit, solche Tüten zu recyceln, ist außerdem eingeschränkt und sie können sogar das Recycling herkömmlicher Kunststoffe verhindern. Hinzu kommt, dass sie in der Öko-Bilanz sogar besser abschneiden, wenn sie zur Energiegewinnung verbrannt statt kompostiert werden – jedoch sind sie auch dann nicht besser als ihre Alternativen.
Wie steht es um Bio-Tüten aus nachwachsenden Rohstoffen?
Wie steht es also um Tüten aus nachwachsenden Rohstoffen? Die gute Nachricht: Der Pflanzenrohstoff an sich – beispielsweise Zuckerrohr – sei nach der „Deutschen Umwelthilfe“ klimaneutral. Die schlechte Nachricht: Die damit verbundene Agrarwirtschaft und Verpackungsherstellung verbrauche extreme Rohstoff- und Energiemengen.
Außerdem wird bei der Herstellung kein recyceltes Material verwendet, was die Öko-Bilanz weiter verschlechtert.
Recycling-Plastiktüten
Ein Lichtblick ist, dass bei Tüten mit einem Recycling-Anteil ab 70 Prozent die von der Herstellung verursachten CO2-Emissionen um fast die Hälfte verringert werden können.
Dennoch sind die Emissionen sehr hoch, und da nur ein verschwindend geringer Anteil an Plastiktüten in der gelben Tonne beziehungsweise im gelben Sack landet, wird das Recycling durch mangelnde Mülltrennung verhindert.
Somit scheint keine der „Einweg-Lösungen“ eine echte Alternative zu sein, sehen wir uns daher nun andere Mehrwegtragetaschen näher an:
Plastik-Mehrwegtragetaschen
Diese werden meist aus Polypropylen, Polyester oder Polyenterephtalat (PET) hergestellt. Sie weisen bereits nach drei Verwendungen eine bessere Öko-Bilanz auf als Einwegtüten. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass für ihre Produktion häufig ein hoher Anteil an Recycling-Material verwendet wurde, was sie umweltfreundlicher macht.
Faltbare Mehrwegtragetaschen
Immer häufiger sind an der Kasse im Drogeriemarkt, teils auch im Supermarkt faltbare Mehrwegtragetaschen aus Polyester zu finden, die man ganz klein zusammenfalten kann.
Und diese Taschen sind nicht nur unglaublich praktisch, da sie leicht, platzsparend und recht strapazierfähig sind, sondern sie schneiden auch in ihrer Öko-Bilanz laut „Deutscher Umwelthilfe“ umweltfreundlich ab.
Damit beispielsweise eine Stofftasche in Bezug auf Umweltfreundlichkeit besser abschneidet, muss sie deutlich öfter verwendet werden als eine faltbare Mehrwegtragetasche.
Was bringt der gute alte Jutebeutel?
Für die Herstellung von Jutebeuteln werden viele Rohstoffe benötigt. Der Anbau von Baumwolle, Bast oder Flachs wirkt sich dabei oftmals nachteilig auf die Umwelt aus. Neben dem Verbrauch von Wasser und Energie sind Überdüngung und Übersäuerung der Böden sowie der Pestizideinsatz beim Rohstoffanbau in die Ökobilanz von Jutebeuteln mit einzurechnen.
Um in der Herstellung ökologisch nachhaltiger zu sein als Plastiktüten aus Polyethylen, muss ein Baumwollbeutel daher nach Angaben der „Deutschen Umwelthilfe“ zwischen 25 und 32 Mal wiederverwendet werden.
Papiertüte da, alles gut?
Papiertüten sind zwar biologisch abbaubar, sie müssen jedoch drei bis vier Mal wiederbenutzt werden, um vom Energieaufwand ökologischer zu sein als eine Plastiktüte.
Tipps und Tricks: Alternativen finden
Willst Du der Umwelt also etwas Gutes tun, ist Bioplastik keine wirkliche Alternative. Auch „Greenpeace“ bezeichnet Bio-Plastiktüten nur als „Scheinlösungen“.
Am besten ist nach wie vor der Griff zu einem herkömmlichen Beutel aus Stoff oder Plastik, den Du immer wieder verwendest. Noch besser: Körbe und Rucksäcke. Was generell gilt: Finger weg von „Einweg-Lösungen“!
Auch die Öko-Bilanz von Einweg-Papiertüten ist alles andere als begeisternd. Diese müsstest Du erst drei- bis vier mal wiederverwenden, damit sie ökologischer sind in der Herstellung als eine ganz herkömmliche Plastiktüte.
TIPP: Besorg Dir wiederverwendbare Gemüsebeutel aus Baumwolle als Alternative zu den zahlreichen Plastiktüten in der Obst- und Gemüse-Abteilung. Diese kannst Du in verschiedenen Bio-Supermärkten kaufen oder auch ganz einfach selbst herstellen. Wie das geht, siehst Du beispielsweise hier.