So reguliert die EU jetzt Pommes und Chips
Die EU-Kommision hat neue Vorgaben für die Herstellung von Pommes frites, Chips oder Keksen erlassen. Ziel ist es, den Gehalt des umstrittenen Stoffs Acrylamid – der beim Frittieren, Backen oder Rösten entsteht – zu reduzieren. Er steht im Verdacht, Krebs auszulösen.
Was ist Acrylamid?
Acrylamid ist ein chemischer Stoff, der bei der wasserlosen Zubereitung von besonders stärkehaltigen Lebensmitteln wie Kartoffeln und Mehl, aber auch Kaffee entsteht. Die hohen Temperaturen beim Rösten, Backen, Braten oder Frittieren – bei industrieller Verarbeitung teils über 120 Grad – lösen die sogenannte Maillard-Reaktion aus. Darunter versteht man den Bräunungsprozess, der vielen Lebensmitteln Geschmack verleiht.
Acrylamid bildet sich aus Zucker und Aminosäuren (vor allem Asparagin), die in zahlreichen Lebensmitteln natürlich vorkommen und miteinander reagieren. Nach ihrer Herstellung enthalten daher Produkte wie Kartoffelchips, Pommes frites, Brot, Kekse und Kaffee daher Acrylamid.
Warum ist Acrylamid schädlich?
Seit 2002, als schwedische Wissenschaftler den Stoff in Lebensmitteln nachwiesen, läuft die Debatte über Acrylamid.
Im Juni 2015 veröffentlichte die „Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“ ihre erste vollständige Risikobewertung zu Acrylamid in Lebensmitteln. Sachverständige bestätigten darin frühere Einschätzungen, denen zufolge Acrylamid in Lebensmitteln das Krebsrisiko für Verbraucher aller Altersgruppen potenziell erhöht. Auch das „Bundesamt für Risikobewertung“ stimmt zu, „dass Acrylamid krebserzeugend wirkt; es erhöht die Häufigkeit des Auftretens von Tumoren in mehreren Organen.“
Neue Vorgaben sollen Krebsrisiko reduzieren
Um den Gehalt von Acrylamid in Lebensmitteln zu senken, hat die EU-Kommission nun neue Regeln erlassen, nachdem eine dreimonatige Einspruchsfrist abgelaufen war. Bereits im Sommer 2017 hatten 22 Mitgliedstaaten den neuen Regeln zugestimmt, Deutschland und fünf weitere EU-Staaten enthielten sich.
Die Kernpunkte der neuen Auflagen sind weniger Zucker im Rohprodukt, möglichst wenig Hitze und eine möglichst geringe Bräunung. Im Detail bedeutet dies:
- dass Kartoffelsorten mit wenig Stärke verarbeitet werden (Stärke besteht aus mehreren Glucoseeinheiten
- dass mit Einweichen oder Blanchieren die Stärke vor dem Frittieren ausgewaschen wird
- dass mit möglichst niedrigen Temperaturen gegart und Fritten oder Brot nur so stark gebräunt werden wie eben nötig
Bei Produkten zum Selberbacken sollen Verbraucher eine genaue Anleitung bekommen, um auch zu Hause Risiken zu vermeiden. Bräunungstabellen sollen einen Maßstab bieten.
Die neuen, europaweiten Auflagen der EU-Kommision werden ab Frühjahr 2018 gelten.
Ein erster Schritt in die richtige Richtung
Der EU-Abgeordnete Peter Liese (CDU) begrüßte die Entscheidung: „Wir haben bei Acrylamid ein echtes Gesundheitsproblem. Die Mengen, die insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene zu sich nehmen, sind erheblich“. Gegenüber den Funke-Zeitungen äußert er sich zudem, dass die Gesundheitsgefahr durch Acrylamid höher sei als die Gefahr durch das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, das erst vor wenigen Tagen eine erneute Zulassung erhielt.
Der „Europäische Verbraucherverband BEUC“ vermisst dagegen, wie „Focus“ berichtet, „rechtlich verbindliche Obergrenzen“ für Acrylamid, lobt die Verordnung aber als ersten Schritt. Tatsächlich hätten gleiche Lebensmittel sehr unterschiedliche Acrylamidwerte.