Gesundheitsrisiko: Massenchemikalie Bisphenol A in Plastik
Egal ob in Lebensmittelverpackungen, CDs, Spielzeug oder Quittungen – die Chemikalie Bisphenol A (BPA) ist im Alltag kaum zu umgehen. Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nahm nun kürzlich eine neue Risikobewertung dieser Substanz vor und setzte den Grenzwertsatz für den täglichen Gebrauch deutlich herab.
Was ist BPA und wo wird es verwendet?
Bisphenol A (BPA) wird oft als Weichmacher von Plastikprodukten bezeichnet. Streng genommen dient BPA allerdings als Grundstoff von Kunststoffen, wie Polycarbonat und Epoxid-Harzen. So verhindert BPA beispielsweise als eine Art Stabilisator die Oxidation der Weichmacher (zumeist Phthalate).
Als Grundstoff von Kunststoffen ist BPA so Teil unseres Alltags: Polycarbonate werden beispielsweise für die Herstellung von Mehrweg-Getränkeflaschen, CDs, Spielzeug, Babytassen oder Schnullerschilde verwendet. Epoxid-Harze bilden in der Lebensmittelindustrie die Grundlage für Schutzbeschichtungen und Innenauskleidungen für Konserven- und Getränkedosen.
In nicht chemisch gebundener Form wird BPA auch als Farbentwickler bei Thermopapier verwendet, aus dem beispielsweise Kassenzettel und Quittungen gefertigt werden sowie als Antioxidationsmittel und Stabilisator in PVC-Kunststoffen.
Durch den täglichen Kontakt mit diesen Materialien gelangt BPA – vor allem über Verpackungsrückstände in unsere Lebensmittel und Getränke – und so in unseren Körper! Es besteht sogar die Möglichkeit die Chemikalie durch Thermopapier, Kosmetika oder Staub über die Haut oder die Atmungswege aufzunehmen.
Wirkung auf Mensch, Tier und Umwelt
Laut „Umweltbundesamt“ ist „ein beabsichtigter Kontakt mit Menschen [sogar] verboten“, da die generell brennbare und schlecht wasserlösliche Substanz die Atmungsorgane reizen soll und zu gefährlichen Augenschädigungen führen kann.
Tierstudien belegen zudem, dass eine erhöhte BPA-Konzentrationen im Blut und Urin mit erheblichen Einflüssen auf die Fruchtbarkeit bei Frauen, die Entwicklung der Geschlechtsorgane, einer möglichen Anfälligkeit für bestimmte Krebsarten, Diabetes, Herz-Kreislaufproblemen und Fettleibigkeit zusammenhängen soll.
Bei Fischen und Säugetieren wirke BPA beispielsweise hormonell und könne zu einer „Verweiblichung“ der Männchen führen, Amphibien wären enormen Beeinträchtigungen der Schilddrüse ausgesetzt.
Auch die Umwelt – vor allem Wasser- und Bodenorganismen – seien durch BPA-haltige Recyclingprodukte wie Thermopapier einer schädlichen Belastung ausgesetzt. Das „Umweltbundesamt“ empfieht deshalb Thermopapier - also Kassenbons – mit dem Restmüll zu entsorgen.
Neue Risikobewertung der EFSA
Der potentiell gefährliche tägliche Gebrauch von BPA und die Veröffentlichung zahlreicher neuer Forschungsstudien, veranlasste die EFSA zu einer neuen Risikobewertung.
Dr. Husøy, sachverständiges Mitglied des CEF-Gremiums für Lebensmittelkontaktmaterialien der EFSA und der BPA Arbeitsgruppe, versicherte jedoch: „Auswirkungen auf die Fortpflanzungsorgane, das Stoffwechsel-, Herz-Kreislauf-, Nerven- und Immunsystem sowie auf die Entstehung von Krebserkrankungen werden derzeit nicht als wahrscheinlich erachtet, konnten aber anhand der verfügbaren Daten nicht ausgeschlossen werden“.
Es bestehen also weiterhin Unsicherheiten, vor allem bei den BPA-Expositionen von Nicht-Nahrungsquellen, wie Kosmetika oder Thermopapier. Diese konnten jedoch durch verschiedene Analysen und Expertenmeinungen bei der neuen Risikobewertung und damit bei der Festlegung des neuen Tageshöchstgrenze mitberücksichtigt werden.
Die EFSA setzte die ursprünglich täglich empfohlene Menge von 50 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht auf nur 4 Mikrogramm herab. Dieser Wert sei vorläufig, da noch auf Ergebnisse einer Langzeitstudie an Ratten des US-amerikanischen Nationalen Toxologie-Programms gewartete werden. Laut ESFA bestehe aber für keine Altersgruppe ein explizites Gesundheitsrisiko.
Die französische Lebensmittelbehörde kamzu abweichenden Ergebnissen: Die Verwendung der Chemikalie BPA in Lebensmittelverpackungen wurde verboten! EU-weit ist nur die Herstellung von Babyflaschen mit Bisphenol A haltigem Kunststoff seit März 2011 verboten.
Gibt es Alternativen zu BPA?
Generell rät die EFSA „Alternativen zu BPA zu fördern, und […] BPA-Exposition[en] über Lebensmittel und andere Quellen zu minimieren“. Als Ersatzstoff wird zunehmend Bisphenol S verwendet, auch eine Chemikalie aus der Familie der Bisphenole, doch auch hier liegen noch keine ausreichenden Gefahreneinschätzungen möglicher Gesundheitsbeeinträchtigungen vor.
Da BPA-freie Produkte noch nicht kennzeichnungspflichtig sind, sollte man um auf Nummer sicher zu gehen am besten auf Gegenstände aus Glas oder Porzellan umsteigen und möglichst frische und unverpackte Lebensmittel verwenden.
Es lohnt sich ebenfalls Produkte aus Polycarbonat zu vermeiden, die mit einem Dreieck mit eingeprägtem „7-PC“–Zeichen zu erkennen sind.