Mode und Tierschutz

Angora ist schön weich - die Produktion auch?

08. Aug. 2017 von

Fell ausreißen bei vollem Bewusstsein: Die Tierschutzorganisation PETA beklagt brutale Methoden in der Angora-Produktion in China. Für die Wollgewinnung sollen Angorakaninchen mehrmals jährlich auf Streckbänke aufgespannt oder mit Seilen an der Decke befestigt und dann bei vollem Bewusstsein gerupft oder geschoren werden. Ist das ein weicher Pullover wert?

Wie wird Angorawolle gewonnen?

Ein von PETA undercover aufgenommenes Video zeigt, wie Angorakaninchen in engen Einzel-Gitterkäfigen gehalten und für die Wollgewinnung auf einer Streckbank fixiert werden: Die Vorderläufer sind gefesselt und weit nach vorne gespannt, die Hinterläufe nach hinten – besonders für Fluchttiere eine traumatische Erfahrung.

Bis auf Kopf und Füße wird der gesamte Körper gerupft. Beim Herausreißen des Fells schreien die Kaninchen markerschütternd vor Schmerz und Todesangst. Nach dieser Misshandlung, die sich für die Kaninchen alle drei Monate wiederholt, verfallen die Tiere in eine Schockstarre und verkriechen sich in ihren winzigen Einzelkäfigen.

Dieses Video zeigt, wie in chinesischen Betrieben Angorakaninchen für die Wollproduktion alle drei Monate ihr Fell ausgerissen wird. Nichts für zarte Gemüter!

Reaktionen der Textil- und Modeindustrie auf die Angora-Produktionsmethoden

Deutschlands Gesamtverband Textil und Mode hat sich nach den Berichten von PETA von tierquälerischen Methoden bei der Gewinnung von Angora-Wolle aus Kaninchenhaaren distanziert. Von allen Herstellern in Deutschland wird garantiert, dass sie ihre Lieferanten und deren Situation persönlich kennen. Die Tiere würden artgerecht gehalten und mehrmals pro Jahr sorgsam geschoren.

Das Problem: In Deutschland produziert kaum ein Modehändler selbst – nahezu die gesamte Produktion wird ins Ausland verlagert. Das führt dazu, dass Händler nicht zentral erfassen, aus welchen Bestandteilen die Kleidungsstücke bestehen, woher diese genau stammen und wie sie produziert wurden.

90 Prozent aller weltweit verwendeten Angorawolle kommt aus China. Mehr als 50 Millionen Angorakaninchen werden dort unter schrecklichen Bedingungen gehalten. Warum das möglich ist? Die Volksrepublik ist eines der wenigen Länder der Welt, wo es überhaupt kein Tierschutzgesetz gibt, das Mindeststandards für den Umgang mit Tieren regelt und Strafen für Tierquälerei festlegt.

Wie reagieren die Modekonzerne auf die Angora-Berichte?

Nach und nach reagieren auch die großen Modekonzerne auf die Praktiken. „H&M“ stoppt die Produktion von Angora-Pullovern und anderer Produkte, die Angorawolle enthalten.

„C&A“ plant, vorerst keine Kleidungsstücke aus Angorawolle mehr fertigen zu lassen. Laut PETA haben mittlerweile auch die Firmen „Hugo Boss“, „Benetton“, „Lacoste“ und „Tommy Hilfiger“ die Bekleidungsproduktion mit Angora eingestellt.

Was kann man als Konsument tun?

PETA empfiehlt, Produkte aus Angora zu meiden und stattdessen tierfreundliche Materialien zu kaufen und zu tragen: Tencel oder Viskose aus Pflanzenfasern sind beispielsweise atmungsaktiv, haltbar und biologisch abbaubar. Lyocell aus Zellulose hat den gleichen weichen Griff wie Angora und ist außerdem feuchtigkeitsabweisend.

Weitere Alternativen zu Wolle sind Polyestervlies, synthetisches Shearling, Sisal, Bambus, Baumwollflanell, Vlies, Acryl und Sojaseide.

Lebendrupf: Nicht nur bei Angora, sondern auch bei Daunen übliche Praxis

Doch nicht nur bei Angora-Pullovern, sondern auch bei Daunenjacken gilt es, genau hinzuschauen und sich über die Produktionszustände zu informieren. Viele Daunen werden im Lebend-Rupf-Verfahren gewonnen.

Das bedeutet, dass Gänse bei lebendigem Leib gerupft werden, um an die Daunen, die unterste Federschicht bei Vögeln, zu kommen. Bei diesem Verfahren werden den panischen Tieren als Kollateralschaden oft Flügel gebrochen oder ganze Hautlappen herausgerissen. Viele Gänse sterben an den Folgen des Lebendrupfs.