Aktivkohle soll entgiftend wirken — ist da was dran?
Detox-Fans schwören seit neuestem auf die schwarze Kohle — sie wird Fruchtsäften beigemischt und soll dem Körper ungesunde Stoffe entziehen. Doch Experten warnen vor dem Trend.
Besonders appetitlich sieht das neue Wundermittel aus den USA nicht aus. In den „Juice Bars“ in L.A. und New York heißt der neueste Trend Aktivkohle. Daher sind die angeblich gesünderen Fruchtsäfte kohlrabenschwarz.
Sogar Gwyneth Paltrow verkündete via GOOP, dass sie die acht Dollar teure Aktivkohle-Limonade — ein angeblicher „Leberentgifter“ und „Katerhelfer“ — des Unternehmens JUICE Served Here aus L.A. für gut befinde.
Warum setzt man plötzlich auf die aktivierte Kohle? Angeblich soll die Kohle wie ein Magnet wirken, schädliche Stoffe im Körper bündeln und deren Aufnahme in die Zellen verhindern. Und angeblich ist die Kohle sogar geschmacksneutral.
Bei Durchfall und Vergiftungen
Experten zeigen sich bei diesem neuen Ernährungstrend nicht begeistert. Kohle, die überwiegend aus Kohlenstoff besteht und eine hochporöse Struktur aufweist wird in der Medizin zwar tatsächlich verwendet: gewisse Viren, Bakterien und toxische Stoffe werden damit im Magen und Dünndarm absorbiert, gebunden und schneller ausgeschieden. Daher werden Aktivkohlekapseln beispielsweise bei Durchfallerkrankungen oder Vergiftungen eingesetzt.
„Dass Aktivkohle aber bei gesunden Menschen irgendeine Wirkung haben soll, ist nicht bekannt, nicht untersucht – und nicht unbedingt zu erwarten“, so Kurt Widhalm, Präsident des Österreichischen Akademischen Institutes für Ernährungsmedizin in Wien (ÖAIE). Die Idee, dass die Kohle wie ein Magnet oder ein Schwamm schlechte Stoffe anziehen kann, stimme jedenfalls „sicher nicht“.
Kohle bindet auch Nährstoffe und Vitamine
Das wohl größte Problem der Kohle ist, dass sie keinen Unterschied zwischen gesunden und ungesunden Stoffen macht. Sie bindet also auch Nährstoffe und Vitamine – gerade das, was mit dem Fruchtsaft gerade erst aufgenommen wurde.
Problematisch ist: Auch bestimmte Medikamente werden gebunden: „Damit kann die Medikamentenwirkung völlig aufgehoben werden“, erklärt Widhalm.
Langzeitwirkungen unbekannt
Auch Sandra Wallner-Liebmann, Ernährungswissenschafterin an der Med-Uni Graz sowie stellvertretende Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Sporternährung, hat Bedenken: „Die Auswirkung einer chronischen Anwendung, beispielsweise auf die Aufnahme von Nährstoffen, Vitaminen und Pflanzeninhaltsstoffen und auf die Veränderung der Darmflora sind noch nicht ausreichend untersucht.“
Daher sollte die Einnahme von Aktivkohle nur kurzfristig und auf ärztliche Beratung erfolgen, betont die Expertin.
Anstatt auf solch vermeintliche Wundermittel zu setzen, rät Widhalm dazu, sich einfach nur „vernünftig“ zu ernähren: „Also eine gemüseorientierte, fleischarme Ernährung, mit Eiweißprodukten, die leicht verdaulich sind – und dann nicht zu glauben, dass man irgendwelche Stoffe aus dem Körper entfernen muss, indem man einen Saft trinkt.“