Billigpreise auf Kosten der Tiere

Tierquälerei gekonnt vermarktet: das Gutshof-Idyll

30. März 2015 von

Es ist leicht, den Endverbraucher über grausame Haltungsbedingungen und Fließbandschlachtung hinwegzutäuschen. Eine wohlklingende Betitelung der Fleischprodukte ist völlig ausreichend.

Tierquälerei gekonnt vermarktet: das Gutshof-Idyll

Immer wieder müssen wir hören oder lesen, dass Nutztiere alles andere als artgerecht gehalten werden, und dass sie ein grauenhaftes Schlachthof-Szenarium erwartet, bevor sie auf unserem Teller landen. Wie schön ist es da, wenn wir uns mit nur einem Blick ins Kühlregal unseres Lieblingsdiscounters davon überzeugen können, dass die Welt doch nicht so schlecht ist. Schließlich stammt die Fleischwurst für 99 Cent vom Gut Birkenhof, Mühlenhof oder von weiteren Gehöften, die, wie wir lesen, „aus Tradition gut“ sind. Die Zeichnung eines altehrwürdig-gemütlichen Fachwerkhauses inmitten von Bäumen zeigt uns, wie wir uns die paradiesischen Ursprünge unserer Wurst vorzustellen haben. Bestimmt wurde das Schwein in unserem Billigprodukt ein Leben lang von der Bäuerin am Bauch gekrault und nach seinem Tod vom qualitätsbewussten Bauern liebevoll zur Fleischwurst verarbeitet.

Fleischwerk statt Gutshof

Sehr bedauerlich, dass die Produkte in den vielversprechenden Verpackungen keineswegs von irgendeinem Gutshof stammen. "Es gibt keinen Gutshof namens 'Birkenhof', unter diesem Namen firmieren unsere drei modernen Fleischwerke", musste Tengelmann dem Radiosender Bayern 1 gegenüber zugeben. Genauso sieht es bei allen anderen Discountern und auch bei der Münchner Traditionsmetzgerei Vinzenz Murr aus, die ihre Produkte vorgeblich vom ‚Hofgut Schwaige‘ bezieht. Tatsächlich stammt das unter verschiedensten Gutshof-Namen verkaufte Fleisch aus Deutschlands Mastställen und großen Schlachthöfen. Diese großangelegte Täuschung ist nach deutschem Markenrecht völlig legal.

Billigpreise auf Kosten der Tiere

Kosteneffizienz ist in der Nutztierhaltung der wichtigste Aspekt. Gespart werden muss am Platz, am Arbeitsaufwand und an der Zeit. Pro Quadratmeter werden in der konventionellen Tierhaltung vier Puten, 26 Hühner, eineinviertel Schweine und eine halbe Kuh gehalten. Die beengten Verhältnisse lösen zwar bei Schweinen Verhaltensstörungen wie Ohren- und Schwanzbeißen sowie erhöhte Agressivität bei Rindern und Puten aus, doch hier ist guter Rat nicht teuer: Schließlich können Schnäbel gekürzt, Ringelschwänze ab- und Hornanlagen herausgeschnitten werden. Die Schwächung des Immunsystems durch die Massentierhaltung kann ebenso einfach ausgeglichen werden, nämlich durch Antibiotika im Futter. Die Verwendung von Einstreu würde zwar die Lebensbedingungen deutlich verbessern und zahlreichen gesundheitlichen Schäden entgegenwirken, dafür aber den Arbeitsaufwand erhöhen. Einstreu muss schließlich gewechselt werden. Daher verwendet man besser Spaltenböden, durch die Kot und Urin der Tiere ablaufen. Lediglich in der Geflügelmast wird – da absolut unumgänglich – Einstreu verwendet. Bei Schweinen und Rindern nimmt man lieber Druckschäden, Liegebeulen und weitere körperliche Schäden in Kauf. Das Zeitproblem wird über spezielle Züchtungen gelöst. Schließlich kann es nicht angehen, dass ein Tier ewig eine minimale Stallfläche in Anspruch nimmt, bis die Schlachtung endlich rentabel wird. Nur gut, dass es inzwischen Hühner gibt, die täglich 51 Gramm, Puten, die 138 Gramm, Schweine, die ein ganzes Kilogramm und Rinder, die sogar eineinhalb Kilogramm Gewicht pro Tag zulegen.

Sicher gehen und Bio-Produkte kaufen:

Quellen:

http://www.br.de/radio/bayern1/inhalt/experten-tipps/umweltkommissar/wurst-fleisch-gutshof-werbung-umweltkommissar-100.html

http://albert-schweitzer-stiftung.de/massentierhaltung