Milchprodukte im Test
Auf den Verpackungen von Milch, Joghurt und Co. locken saftige grüne Wiesen und glückliche Kühe – das hat meist nichts mit der Realität zu tun. Riesige Ställe und Gen-Tech-Futter verderben den Milchgenuss.
In kaum einem anderen Land werden so viele Milchprodukte verzehrt wie in Deutschland. Jährlich verzehrt jeder Deutsche durchschnittlich 70 kg Milchprodukte. Eine Untersuchung von ÖKO-Test zeigt jetzt, dass für viele Milchprodukte Kühe unter sehr unnatürlichen Zuständen leben müssen: Sie stehen fernab von grünen Weiden in Ställen ohne Tageslicht und werden mit Kraftfutter, das gentechnisch verändertes Soja enthält, gefüttert.
Heute unterscheiden die meisten Städter Milch in zwei Sorten – es gibt die aus der Kühlabteilung oder die lang haltbare H-Milch. Dass diese zwei Milchsorten aber zu den am meisten verarbeiteten gehören und die lange Haltbarkeit keineswegs natürlich für Milch ist, weiß kaum noch jemand.
Milchsorten und ihr Vitamingehalt
Tatsächlich kann man Milch je nach Grad ihrer Behandlung und der daraus resultierenden Haltbarkeit unterscheiden:
Rohmilch wird direkt ab Hof verkauft und ist lediglich gefiltert und gekühlt, sie enthält daher noch alle Vitamine und ist ca. zwei Tage haltbar. Vorzugsmilch ist Rohmilch, die bereits im Erzeugerbetrieb abgefüllt wird. Für diese Betriebe gelten besonders hohe Anforderungen hinsichtlich der Tiergesundheit, Milchgewinnung und -behandlung. Die Milch darf nur bis zu 96 Stunden nach der Milchgewinnung verkauft werden und enthält ebenfalls noch alle Vitamine.
Frischmilch „traditionell hergestellt“ ist eine wärmebehandelte Milch. Sie wird bei 72 bis 75°C für 15 bis 30 Sekunden pasteurisiert und ist deswegen bis zu zehn Tage haltbar. Hier kommt es zu einem Vitaminverlust von etwa 10%.
Frischmilch „länger haltbar" wird auch als ESL (extended shelf life)-Milch bezeichnet. Sie ist durch Verfahren wie die Hocherhitzung und die Mikrofiltration ab dem Zeitpunkt der Abfüllung im Kühlschrank ungeöffnet bis zu 24 Tage haltbar. Etwa 20-30% der Vitamine gehen verloren.
H-Milch (ultrahocherhitzte Milch) wird für ein bis drei Sekunden bei 135 bis 150°C erhitzt und keimfrei abgefüllt. Sie ist ungeöffnet mindestens 12 Wochen bei Zimmertemperatur haltbar. Bei der Erhitzung verändert sich die Struktur der Milch.Es gehen etwa 20% der Vitamine verloren.
ÖKO-Test testet Milch und Milchprodukte
Die fehlende Nähe der Konsumenten zu Milcherzeugern und Kuhställen, macht es Herstellern leicht die Käufer zu täuschen. Auf Milch- und Käsepackungen im Supermarkt, sieht man saftige grüne Wiesen und glückliche Kühe – eben genau die Bilderbuchidylle, die man sich für gute Tierhaltung wünscht.
Aber wie viel Weide sehen die Kühe heute überhaupt noch? Während viele Kühe heute in Massentierhaltung leben, gibt es nur noch wenige Regionen in Deutschland, in welchen man Kühen das Weiden ermöglicht: Im Norden und den Mittelgebirgsregionen wie Schwarzwald oder Bergischen Land, sowie in Alpen und Alpenvorland sieht man noch glückliche Kühe auf sattgrünen Weiden. Überraschender Weise zählt gerade Bayern zu den Ländern mit dem geringsten Anteil weidehaltender Betriebe.
Um der Verbrauchertäuschung auf die Spur zu kommen hat ÖKO-Test 29 Milchprodukte getestet, auf deren Verpackungen idyllische grüne Landschaften oder weidende Kühe abgebildet waren. Im Labor wurde der Gehalt an Omega-fettsäuren bestimmt. Daran lässt sich ablesen, ob die Kühe eine artgerechte Grünfutter-typische Ernährung genossen haben. Außerdem wurden die Molkereien befragt, ob der Einkauf von gentechnikfreiem Futter vertraglich vorgegeben ist.
Der Verbraucher wird getäuscht
Bei den getesteten Milchsorten und Milchprodukten wird der Verbraucher in den meisten Fällen getäuscht. 16 von 24 konventionellen Produkten wurden im Test als „wiesenfern“ entlarvt. Sie enthalten zu niedrige Gehalte an Omega-3-Fettsäuren von unter 0.8 Gramm (g) pro 100 g Fett – ein Indiz dafür, dass die Kühe nur einen kleinen Anteil Grünfutter bekommen haben und dafür hohe Mengen an Kraftfutter und Maissilage.
Wenigstens schneidet die Bio-Ware im Vergleich besser ab. Nur eines von fünf Bio-Produkten – die Bio Frische Bio-Vollmilch von Aldi Süd – fällt negativ auf. Auch hier hatten die milchgebenden Kühe, zu wenig Grünes im Futter.
Die meisten Bio-Betriebe setzen ohnehin schon mehr auf das traditionelle Weiden der Kühe, da Kraftfutter in Bio-Qualität sehr teuer ist.
Im Test fand man bei keinem der Bio-Anbieter Gen-Technik im Futter, dafür aber bei fast allen konventionellen Molkereien. Konventionelles Kraftfutter enthält häufig Soja aus Gen-Tech-Anbau.
Viele leere Versprechungen
Die Hersteller preisen ihre Produkte gern mit Namenszusätzen wie „Weidebutter“ oder „Weideglück“ an – das bedeutet aber noch lange nicht, dass die Kühe auch Weidegang hatten.
Friesland Campina druckt beispielsweise auf seine Landliebe haltbare Landmilch folgendes Versprechen: „Ausschließliche Verwendung von traditionellen Futterpflanzen.“ Das Testergebnis lässt aber weder auf eine artgerechte, noch eine traditionelle Ernährung der Kühe mit viel Grünfutter schließen.
Obwohl viele konventionelle Anbieter mit der Natürlichkeit ihrer Produkte werben, erwähnen sie nicht, dass gentechnisch verändertes Soja dennoch verfüttert werden darf.
Aber auch im konventionellen Betrieb gibt es noch glückliche Kühe. Einige der Produkte wiesen sogar die höchsten Omega-3-Gehalte (1,2 Gramm pro 100 Gramm Fett) auf, darunter Alpengipfel Vorarlberger Bergkäse und der Käsehof Würzig-Kräftiger Original Bergkäse, beide tragen das „Heumilch“-Label der Agrarmarkt Austria Marketing (Ama).
Einen Spitzenwert an Omega-3-Fettsäuren erzielte auch der Berghütte Frischkäse Natur aus Österreich, der ohne Gentechnik erzeugt wird. Auch die beiden deutschen Bergbauernprodukte und der Bergkäse, halten was sie versprechen.
Testsieger unter den konventionellen Milchprodukten:
- Alpengipfel Vorarlberger Bergkäse
- Berchtesgadener Land Frische Bergbauern Milch 3,5% Fett
- Bergader Bergbauern Käse mild-nussig
- Berghütte Frischkäse Natur
- Käsehof Würzig-Kräftiger Original Bergkäse
- OM Obersteirische Molkerei Bergkäse im Stück