Geisternetze in der Ostsee: Jährlich gehen bis zu 10.000 Netze oder Teile davon verloren
Geisternetze sind frei umhertreibende oder auf dem Meeresgrund liegende Fischernetze. Warum sie ins Meer gelangen? Häufig reißen die schweren Netze aus Nylon oder anderen Plastikfasern bei starkem Seegang ab. Manchmal verliert ein Fischer ein Netz und meldet es nicht. Und manchmal werden alte Netze sogar absichtlich versenkt. Was wird dagegen getan?
Schätzungen zufolge gehen allein in der Ostsee jährlich bis zu 10.000 Kunststoffnetze oder Teile davon verloren. Erschreckend dabei: Diese Fischernetze brauchen 600 Jahre, um sich zu zersetzen und sind in dieser Zeit eine große Gefahr für Tier- und Umwelt:
- Frei im Wasser treibend verfangen sich in ihren Maschen Tiere
- Am Meeresgrund bieten sie Verstecke für kleinere Tiere, locken aber so als optimale Futtergründe Robben und große Fische an
- Sogar an Land geschwemmt gefährden die Netze Tiere: In Norwegen ist bereits ein Rentiergeweih samt Schädelknochen in einem alten Netz entdeckt worden – vermutlich hatte es sich bei der Suche nach Fisch in den Maschen verfangen. Und Seevögel, die einzelne Fasern zum Nisten benutzen, verheddern sich in den starren und reißfesten Fasern.
- Auch die frei im Wasser treibenden losen Fasern sind problematisch: Als Mikroplastik werden sie von Tieren mit Nahrung verwechselt und schaden so nicht nur den Tieren, sondern landen so auch auf unseren Tellern. Welche Auswirkungen das hat, ist bislang noch völlig unklar.
Unter anderem der WWF nimmt sich der Herausforderung an
Daher hat unter anderem der WWF den Geisternetzen den Kampf angesagt. Seit März 2016 suchen die Umweltschützer in Kooperation mit Fischern und Tauchern nach Geisternetzen in der Ostsee.
Zum Einsatz kommt dabei eine kleine Netzharke. Sie wird über den Boden geschliffen und verhakt sich in alten Netzen, die dann mit einer Winde geborgen werden können. Bei ersten Aktionen konnten so 2 Tonnen Fischernetze geborgen und untersucht werden.
Aber das Verfahren ist aufwändig, die Position der Netze weitgehend unbekannt, und die Suche mühsam. Doch es soll weiter gehen – denn vor Polens Küste konnten auf gleiche Weise insgesamt 270 Tonnen Netze aus dem Meer gefischt werden!
Lösungsansätze
Der WWF Polen arbeitet beispielweise an einer Karte, die verloren gegangene Netze in der Ostsee anzeigt. Künftig wäre es damit auch anderen möglich, den Plastikmüll zu bergen und somit einen Beitrag zum Schutz der Meere zu leisten. Gut wäre es auch die Netze bereits vorab zu markieren, damit sie bei einem Verlust schnell gefunden werden.
Geforscht wird interantional auch an Kunststoffen, die sich innerhalb von vier Jahren zersetzen. Da Schleppnetze in der Fischerei ohnehin nur wenige Jahre im Einsatz sind, wäre diese Lösung erstrebenswert.
Auch das – wenn auch aufwendige – Recycling der alten Fischernetze steht weltweit im Fokus: Die Nylonfasern finden bereits heute neue Einsatzgebiete, zum Beispiel als Armbänder oder Bademode. Denkbar sind auch Rucksäcke und Outdoorklamotten.