Suchtverhalten

Die Droge Zucker

06. Feb. 2015 von

Von Karies bis zum Übergewicht – Zucker hat viele negative Eigenschaften. Dennoch sind alle ganz verrückt nach dem süßen Stoff. Kann Zucker tatsächlich süchtig machen?

Jetzt ein Stück Schokolade – schon der Gedanke an die süße Leckerei lässt viele die guten Vorsätze vergessen. Doch warum scheint das Verlangen nach Süßem oft stärker als unsere Willenskraft zu sein? Macht Zucker vielleicht wirklich körperlich abhängig, oder lieben wir nur einfach den süßen Geschmack?

Immer mehr Zucker in Lebensmitteln

In den vergangenen 50 Jahren hat sich der Zuckerkonsum weltweit verdreifacht. Ganz nach dem Geschmack all jener Firmen, die gut daran verdienen. Das sind nicht nur Zuckerbauern, sondern auch Lebensmittelproduzenten. So findet man immer mehr Zucker in Fast-Food und anderen Fertigprodukten.

Jeder Einwohner Deutschlands nimmt pro Jahr 36 Kilogramm Zucker zu sich. Drei Viertel davon sind in verarbeiteten Lebensmitteln enthalten, nur etwa 6 Kilogramm werden direkt als Zucker (in Kaffee, Tee oder Selbstgebackenem) aufgenommen. Auch in Österreich werden jährlich rund 36 kg Zucker pro Kopf konsumiert, in der Schweiz sind es sogar fünfzig Kilogramm Fabrikzucker im Jahr.

Wie viel Zucker darf man essen?

Zucker sollte nach einer 2014 geplanten Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO nur fünf Prozent der täglichen Kalorien liefern. Das ist nur halb so viel wie nach den bisherigen WHO-Vorgaben. Neben herkömmlichem Zucker zählen hierbei auch Honig, Sirup und die Süße in Fruchtsaft. Nur der in Obst enthaltene Zucker wird nicht mit eingerechnet.

Nach dieser Empfehlung der WHO dürften Frauen täglich nicht mehr als 24 Gramm Zucker zu sich nehmen. Das entspricht in etwa sechs Teelöffeln Zucker. Bei den Männern liegt der Wert aufgrund des höheren Energieverbrauchs bei 30 Gramm Zucker pro Tag.

Sich an diese Vorgabe zu halten scheint für Normalverbraucher fast unmöglich. Denn bereits ein 200-Milliliter-Glas Apfelsaft hat 24 Gramm Zucker. 100 Gramm Vollmilchschokolade enthalten 56 Gramm Zucker, 50 Gramm Gummibärchen 38 Gramm. Hinzu kommt, dass in vielen anderen Lebensmitteln wie Frühstücksflocken, Fertigpizza, Tütensuppen und anderen Fertigprodukten versteckter Zucker enthalten ist.

Weshalb wir Zucker lieben

Die meisten von uns wissen, dass wir unseren Zuckerkonsum ein wenig einschränken sollten. Doch der Verzicht auf Süßes hält meist nicht lange an, schnell spürt man wieder großes Verlangen nach Schokolade und Co. Aber woher kommt diese Gier nach Süßigkeiten?

Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens ist die Vorliebe für Süßes dem Menschen angeboren. Schon unsere frühen Vorfahren lernten, dass süße Lebensmittel nicht giftig und zugleich energiereich waren. Zweitens schmeckt Süßes einfach gut, es verstärkt außerdem den Geschmack von anderen Speisen. Drittens löst Zucker im menschlichen Gehirn bestimmte Reaktionen aus.

Macht Zucker abhängig?

Wir fühlen uns gut, wenn wir naschen und uns ein Stück Schokolade gönnen. Das ist wissenschaftlich belegt: Zucker aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn und setzt Botenstoffe frei, die für Wohlbefinden sorgen.

Da sich jeder gerne wohlfühlt, verführt unser Gehirn uns immer wieder zu Süßigkeiten. Daraus kann sich ein wiederkehrendes Verlangen nach Süßem entwickeln.

Auch bei Tieren hat man ähnliche Effekte beobachtet: Experimente an Ratten haben sogar gezeigt, dass sie regelrechte Entzugserscheinungen bekamen, wenn ihnen eine vorher verabreichte Zuckerlösung verweigert wurde. Im Gehirn der Tiere kam es zudem zu suchttypischen Veränderungen. So schließen einige Wissenschaftler daraus: Zucker macht süchtig.

Es gibt allerdings auch viele Gegenstimmen, die betonen, dass solche Untersuchungen sich nur sehr begrenzt auf den Menschen übertragen lassen. Natürlich ist Zucker ist keine Droge wie Nikotin oder Heroin. Der süße Stoff ist vielmehr ein hervorragendes Belohnungsmittel und kann daher zu einem suchtähnlichen Verhalten führen. Dass man immer wieder zu Süßem greift um einen Belohnungseffekt zu spüren, gleicht also eher einer Verhaltenssucht, wie zum Beispiel der Spielsucht.

Das heißt: Zucker enthält keinen Stoff, der den Körper tatsächlich abhängig macht. Dass wir immer wieder zu Süßem greifen ist eher ein zum Teil angeborenes, aber auch antrainiertes Verhalten.

Zuckeralternativen

Wer dem ungesunden Zucker abschwört, für den sind Zuckeralternativen unverzichtbar. Denn wer lebt schon gern ganz ohne Süßes?

Zum Glück gibt es einige Alternativen für den weißen Haushaltszucker:

  • Dicksaft (Apfeldicksaft, Birnendicksaft): Die stark eingekochten Säfte von Obst oder angezapften Bäumen sind natürliche Süßmacher. Die Ausgangsprodukte sind Säfte aus Äpfeln, Birnen, Agaven, aber auch von Weintrauben oder Datteln.
  • Ahornsirup: Der eingekochte und eingedickte Saft des Ahornbaumes ist fast überall erhältlich. Man sollte aber auf die Zutatenliste achten, denn manchmal wird Ahornsirup mit Zuckerwasser gestreckt.
  • Birkenzucker (Xylit, Xylitol): Dieser Zucker ist häufig in Zahnpasta, Mundwasser und Kaugummis enthalten, denn er bekämpft Kariesbakterien. Xylitol wird aus der Rinde bestimmter Holzarten wie der Birke vor, sowie aus einigen Obst- und Gemüsesorten enthalten.
  • Stevia: Erst seit Dezember 2011 ist Stevia in der EU offiziell als Süßungsmittel zugelassen. Was als rein pflanzlicher Süßstoff angepriesen wurde, ist hierzulande jedoch als hoch verarbeitetes Produkt bekannt: E960 – Steviolglycosid. Mit der aus Südamerika stammenden Steviapflanze hat der hier erhältliche Süßstoff nicht mehr viel gemeinsam.

Es steht fest: Viele Alternativen für Zucker sind stark verarbeitet. Und auch wenn es sich bei den verschiedenen Ersatzstoffen nicht um den weißen Haushaltszucker handelt – Zucker bleibt Zucker. Deshalb sollten auch gesündere Zuckeralternativen nur in Maßen konsumiert werden.

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