Ist Sonnencreme schädlich?
Die gute Nachricht: Sonnencreme schützt Deine Haut vor aggressiver Sonneneinstrahlung und damit im schlimmsten Fall gegen Hautkrebs – womit sie in jedem Fall besser als Sonnenbrand ist. Die schlechte Nachricht: Viele Produkte enthalten bedenkliche Stoffe wie hormonell aktive UV-Filter, Nanopartikel, Mikroplastik oder flüssige synthetische Polymere. Sie können schädliche Auswirkungen auf Deine Gesundheit oder die Umwelt haben. Ein Dilemma, dem Du mit folgendem Hintergrundwissen besser begegnen kannst.
Dilemma Nummer 1: Organische und anorganische UV-Filter
Organische oder sogenannte chemische Filter sind häufig Derivate von Campher, Salicylsäure und Zimtsäure. Mit wenigen Ausnahmen absorbieren sie die Strahlung und wandeln sie in der oberen Hautschicht in Wärme um. Ihre Wirkung entfalten sie bereits auf der Hautoberfläche. Dennoch bergen einige dieser Filter das Risiko, die oberen Hautschichten zu durchdringen und in darunter liegende Strukturen zu gelangen. Viele sind zudem nicht photostabil. Das heißt, dass sie sich unter Sonneneinstrahlung zersetzen und damit ihre Wirkung verlieren. Für einen langen Schutz musst Du deshalb häufiger nachcremen. Neuere Sonnencremes mit organischen Filtern enthalten Photostabilisatoren und biten so einen besseren Schutz.
Anorganische oder sogenannte mineralische oder physikalische Filter sind zumeist in Bio-Sonnencremes enthalten. Sie funktionieren auf der Basis von kleinen Partikeln aus Zinkoxid oder Titandioxid und reflektieren und streuen langwellige Sonnenstrahlen (UVA) zum Großteil schon auf der Hautoberfläche, wogegen sie kurzwellige Strahlen (UVB) absorbieren. In Form großer Partikel dringen anorganische Filter nicht tief in den Körper ein und sind dadurch verträglicher als viele organische Filter. Oft bilden sie aber einen eher zähen weißen Film auf der Hautoberfläche. Manche Produkte nutzen die Filter daher als winzig kleine Nanoteilchen, um den Weißschleier zu verhindern und die Creme besser verteilen zu können. Diese sind umstritten und unterliegen in der EU der Kennzeichnungspflicht, denn sie sind in der Lage die Haut zu durchschreiten und in den Körper zu gelangen. In der Inhaltsstoffliste sind sie an der Zusatzbezeichnung [nano] zu erkennen, zum Beispiel Titandioxid [nano].
Dilemma Nummer 2: Nanopartikel – eine Lösung als neues Problem
Wie genau Nanoteilchen in mineralischem Sonnenschautz auf den Organismus wirken, ist noch nicht hinreichend geklärt. Denn die Methoden für solche Untersuchungen sind weitestgehend noch gar nicht verfügbar. Die Forschung ist sich aber einig, dass die winzigen Partikel nicht in den Körper gelangen sollten. Selbst oberflächliche Verletzungen oder Reizungen, die die natürliche Hautbarriere unterbrechen, sind bereits ungünstige Voraussetzungen für die Anwendung. Solche können bereits durch Rasur oder Waxing auftreten.
Bei Aufnahme von Nano-Titandioxid über die Atemwege und in hohen Dosen löste der Stoff in Tierversuchen Lungenkrebs aus. Hier sieht auch das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) die größte Gefahr. Hier birgt sprühbarer Sonnenschutz mit Titandioxidein besonderes Risiko, da der Stoff so leicht in die Lunge gelangen kann. Als sehr gering gesundheitsgefährdend hingegen schätzt es die Aufnahme von Nanoteilchen über die intakte Haut ein. Allerdings gibt es bis heute kaum Methoden, um Langzeiteffekte dieser Kleinstteilchen im Körper zu untersuchen. Bei rasierter und sonnengestresster Haut oder sensibler Kinderhaut empfehlen wir auf Nummer sicher zu gehen und Produkte mit Nanomaterialien gänzlich zu vermeiden.
Bedenkliche Schutzschilde für die Haut
Weil kein Filter allein das breite Spektrum der UVA- und UVB-Strahlung abdeckt, kombinieren Hersteller die Substanzen miteinander. Dabei stehen einige gängige Sonnenschützer im Verdacht, allergie- oder krebsfördernd zu sein sowie in den menschlichen Stoffwechsel einzugreifen. Tierversuche zeigten, dass der Filter Homosalate Schäden an Leber, Nieren und Schilddrüse hervorrufen kann. Der Filter Octocrylene steht im Verdacht hormonell aktiv zu sein. Außerdem zerfällt der Filter mit der Zeit in weitere schädliche Substanzen, darunter Benzophenone, welches als potenziell hormonell aktiv, erbgutschädigend und krebserregend gilt. Der UV-Filter Benzophenone-3, auch als Oxybenzon bekannt, konnte in geringen Mengen in Muttermilch nachgewiesen werden. Reste Deiner Urlaubssonnencreme solltest Du also nicht zu lange aufheben. Wenn Du auf Nummer sicher gehen willst, kaufe Dir jedes Jahr eine neue Creme und nimm die UV-Filter in Deiner Creme genauer unter die Lupe.
Dilemma Nummer 3: Mikroplastik und flüssige synthetische Polymere
Darunter versteht man kleine bis winzige feste Kunststoffteilchen (Polymere) oder flüssige, gelartige Kunststoffe, die in Kosmetika und Sonnencreme enthalten sind. Sie dienen als Bindemittel und Filmformer, sorgen zum Beispiel für Glanzeffekte oder machen eine Creme wasserfest. Zudem sorgen sie in Deiner Sonnencreme dafür, dass der UV-Filter gleichmäßig auf der Haut verteilt wird und einen lückenlosen Schutz vor Sonnenlicht ermöglicht. Das Problem ist, dass sie zum Teil ungefiltert in unsere Gewässer gelangen. Mikroplastik findet sich mittlerweile in allen Tiefen der Meere bis hin zur Oberfläche.
Dilemma Nummer 4: Schädliche Auswirkungen auf empfindliche Ökosysteme
Gerade beim Baden am Meer sind wir auf ausreichenden Sonnenschutz angewiesen. Es wird empfohlen, regelmäßig nachzucremen, um den Sonnenschutz langfristig aufrechtzuerhalten. Bestimmte Inhaltsstoffe in einigen Sonnencremes können aber ein Umweltproblem darstellen. Korallen und Meereslebewesen beispielsweise können diese Stoffe aufnehmen, die sich beim Baden von unserer Haut lösen und das Wasser verunreinigen. So stehen bestimmte UV-Filter im Verdacht, die Korallenriffe zu zerstören und Meeresbewohner zu gefährden. Der US-Staat Hawaii hat deswegen sogar ein Gesetz erlassen, das seit 1. Januar 2021 den Einsatz von riffschädigenden UV-Filtern wie Oxybenzon oder Octinoxat verbietet.
Inhaltsstoffe wie Mikroplastik und flüssige Polymere verbleiben über Jahre oder Jahrzehnte in unseren Gewässern, denn sie sind nur langsam oder gar nicht biologisch abbaubar. Die Langzeitfolgen auf Umwelt und Gesundheit sind weitestgehend unerforscht.
Fünf Tipps für einen Aufenthalt in der Sonne
- Greife zu geprüften Sonnenschutzmitteln, die zum Beispiel das Verbrauchermagazin Öko-Test als unbedenklich für die Gesundheit einschätzt. Es gibt auch Sonnencremes, die ohne Nanoteilchen und problematische UV-Filter auskommen, was gerade für Kinder und Babys wichtig ist.
- Setze Dich möglichst wenig der direkten Sonneneinstrahlung aus und verzichte auch bei Bewölkung nicht aufs Eincremen. So kannst Du am besten Sonnenbrand und möglichen Hautschäden vorbeugen.
- Spare nicht an Sonnencreme und vergiss keine Körperstelle. Rund vier gehäufte Esslöffel Sonnencreme für den ganzen Körper empfiehlt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) für Erwachsene. Auch regelmäßiges Nachcremen ist wichtig.
- Je höher, desto wirksamer. Der Lichtschutzfaktor (LSF) bzw. Sun Protection Factor (SPF) ist das Maß für die Wirksamkeit: leichter Schutz: LSF 6 – 10, mittlerer Schutz: LSF 15, 20 und 25, hoher Schutz: LSF 30 und 50, sehr hoher Schutz: LSF 50+.
- Berücksichtige die individuelle Eigenschutzzeit Deiner Haut, also die Zeit, in der Deine Haut ungeschützt der Sonne ausgesetzt sein kann, ohne sich zu röten. Bei heller, empfindlicher Haut beträgt sie fünf bis zehn Minuten, bei dunkler, weniger empfindlicher Haut rund 45 Minuten. Die Formel lautet: Eigenschutzzeit x LSF = maximale Zeit, die Du mit Sonnenschutz in der Sonne bleiben kannst, ohne einen Sonnenbrand zu bekommen.
Fazit
Sonnencreme ist für einen effektiven Schutz unverzichtbar. UV-Filter sind am besten, wenn sie weder in die tieferen Hautschichten dringen noch Allergien auslösen, sich in der Sonne nicht zersetzen und keine Nebenwirkungen auf den Stoffwechsel im Körper und das natürliche Ökosystem haben. Informiere Dich vor der Anwendung über die Inhaltsstoffe Deiner Sonnencreme mit der CodeCheck-App. So kannst Du vor dem Sonnenbad einschätzen, ob ein Produkt für Deine Gesundheit und die Umwelt unbedenklich ist oder nicht.
Weiterführende Links
- Sommer, Sonne, Schutz: Auf diese UV-Filter solltest Du verzichten
- Drei empfehlenswerte Sonnencremes für Kinder
- Diese fünf Inhaltsstoffe braucht Deine Haut im Sommer
Quellen
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Gesundheitliche Bewertung von Nanomaterialien
- Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND): Nanotechnologie nachhaltig gestalten
- ACS Publications: Benzophenone Accumulates over Time from the Degradation of Octocrylene in Commercial Sunscreen Products