Vorsicht, Solarium!
Sieben Gründe, warum Sie Ihre Sehnsucht nach Wärme und Licht nicht auf der Sonnenbank stillen sollten – und eine gute Alternative
Solarien machen nicht glücklich
Über die Hälfte der Solariennutzer (56 Prozent) sagen, sie gingen wegen des Lichts und der Wärme auf die Sonnenbank. Und das ist ja auch absolut nachvollziehbar. Dass es auf der Sonnenbank hell und wohlig warm ist, darf man aber als Nebeneffekt bezeichnen. Das, was die Bräune und den Schaden bewirkt – die UV-Strahlung –, ist unsichtbar und wärmt nicht. „Nicht die Strahlung, sondern die Randbedingungen tun gut“, sagt Dr. Rüdiger Greinert, Biophysiker am Dermatologischen Zentrum Buxtehude und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP). „Dass UVStrahlung die Stimmung hebt, ist schlichtweg gelogen.“
Die Auszeit, die man sich nimmt, die Wärme, die Musik, das Gefühl, etwas für sein Aussehen zu tun, darum gehe es viel mehr, so der Experte. Es ist darum mehr als sinnvoll, sich diese schönen Sachen auf andere Art und Weise abzuholen, mit einer Tasse Tee auf dem Sofa oder einem Besuch bei der Kosmetikerin. Und wer in der dunklen Jahreszeit mit saisonal bedingten Stimmungstiefs zu kämpfen hat, ist ohnehin mit einer Tageslichtlampe viel besser bedient.
Solarien sind eigentlich ein Irrtum
Als in den 80er Jahren eines nach dem anderen öffnete, hatte man einfach noch keinen Schimmer, wie gefährlich UV-Strahlung ist. Heute ist klar: Sie kann Hautkrebs auslösen, weil sie das Erbgut verändert. Das trifft auf beide im Solarium genutzten Strahlenarten zu, auch wenn die kürzerwellige UV-B-Strahlung ein höheres Potenzial hat, die Erbsubstanz anzugreifen, als die etwas langwelligere UV-A-Strahlung.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat UV-Strahlung schon vor Jahren in die höchste Kategorie der krebsauslösenden Stoffe eingeordnet. „Übrigens zusammen mit Plutonium und Arsen“, sagt Rüdiger Greinert. „So gesehen ist es doch erstaunlich, dass man so vergleichsweise leicht an diese Strahlung herankommt.“ Eine viel beachtete Studie aus dem Jahr 2012 zeigte: Wer vor Mitte 30 im Solarium war, verdoppelt rein rechnerisch nahezu sein Risiko, im Laufe des Lebens schwarzen Hautkrebs (ein Melanom) zu bekommen.
In Brasilien und Australien sind Sonnenbänke darum verboten, in Frankreich hat die Regierung ein solches Verbot für 2017 bereits auf den Weg gebracht. Hierzulande dürfen Minderjährige nicht ins Solarium, für alle anderen gibt es eine unmissverständliche Empfehlung: Alle Expertengremien, egal ob von den medizinischen Fachgesellschaften, der Strahlenschutzkommission, dem Bundesamt für Strahlenschutz oder der WHO, sprechen nicht davon, man solle weniger, kürzer oder nur unter bestimmten Bedingungen auf die Sonnenbank. Nein, sie warnen in einem gemeinsamen Papier von 2014 klar und deutlich: Gehen Sie nicht ins Solarium!
Solarien verursachen Hautkrebs
Klar, natürliches Sonnenlicht enthält auch UV-Anteile. Und seit einigen Jahrzehnten machen wir viel häufiger Urlaub, sind deswegen mehr in der Sonne, und zwar unter einer löchrigen Ozonschicht. Dennoch machen manche Wissenschaftler Solarien für den dramatischen Anstieg der Hautkrebszahlen mitverantwortlich. Der Grund sind Erkenntnisse wie die einer US-Studie der Mayo Clinic in Minnesota: Ihr zufolge bekommen heute achtmal so viele junge Frauen zwischen 18 und 39 Jahren ein Melanom wie Sommertagen erreicht wird, vor allem im Gebirge. Noch vor 40 Jahren – aber „nur“ viermal so viele junge Männer. Und Frauen gehen nun mal doppelt so häufig auf die Sonnenbank wie Männer. Das zeigt eine von der Deutschen Krebshilfe geförderte Umfrage zur Solariennutzung, für die fast 5.000 Männer und Frauen zwischen 14 und 45 Jahren interviewt wurden.
Aber was auch immer der Grund ist: Hautkrebs ist inzwischen die häufigste Krebsart in Deutschland. Gerade hat das Robert-Koch-Institut die aktuellen Zahlen veröffentlicht: Im Jahr 2012 erkrankten 21.000 Deutsche am besonders aggressiven Melanom, 206.000 an sonstigen Hautkrebstypen wie dem Basalzell- oder Plattenepithelkarzinom, die selten Tochtergeschwülste bilden.
Solarien sind unfassbar stark
Um die höchste Strahlungsintensität kennenzulernen, die es auf der Erde geben kann, muss man zum Äquator fahren und sich dort um die Mittagszeit in die Sonne stellen… oder in ein Solarium um die Ecke gehen. Denn in dem Bemühen, die Bestrahlungsstärke überhaupt zu begrenzen, legt die UV-Schutz-Verordnung fest, dass die Höchstbestrahlungsgrenze im Solarium den maximalen Wert der natürlichen Sonne auf der Erde nicht überschreiten darf. Und viele Solarien arbeiten auch mit dieser Strahlungsintensität.
Die Sache ist nur: Der Wert entspricht einem sogenannten UV-Index (er gibt die sonnenbrandwirksame Stärke der Strahlung an) von 12, und bereits ab einem Wert von 3 empfehlen Dermatologen, sich mit Sonnencreme, Hut und Sonnenbrille zu schützen. Bei einem Index ab 8 soll man Aufenthalte im Freien vermeiden. Das ist übrigens ein Wert, der auch hierzulande mittags an wolkenlosen Sommertagen erreicht wird, vor allem im Gebirge.
Solarien sind nicht das Richtige bei Vitamin-D-Mangel
Fast ein Viertel der Solariennutzer (23 Prozent) legen sich auf die Sonnenbank, um ihren Vitamin-D-Spiegel zu verbessern. Im Prinzip richtig gedacht, denn das Vitamin entsteht in der Haut, und zwar erst unter dem Einfluss von UV-Strahlung. Schon lange weiß man, dass es für feste Knochen sorgt. Seit einigen Jahren mehren sich zudem Studien, denen zufolge es auch das Immunsystem regulieren, den Blutdruck senken, Diabetes, Demenz oder Depressionen verhindern und sogar Krebs vorbeugen soll.
Doch leider ist es so: Das Ankurbeln der Produktion geht zugleich unweigerlich mit einem erhöhten Krebsrisiko einher. „Denn es ist Strahlung einer bestimmten Wellenlänge, die für beide Effekte sorgt“, sagt Greinert. Ohnehin muss niemand fürs Vitamin D ins Solarium, auch nicht im Winter. Denn der Körper kann im Sommer hergestelltes Vitamin speichern. Darum rät die Strahlenschutzkommission „von starken, nicht ärztlich kontrollierten UV-Bestrahlungen zum Zweck der Vitamin-D-Bildung dringend ab“. Aber was tut man, wenn man befürchtet, zu wenig von dem Vitamin zu haben? „Ein Vitamin-D-Mangel kann nur von ärztlicher Seite diagnostiziert und behandelt werden“, so Dermatologe Prof. Dr. Eckhard Breitbart, Vor sitzend er der ADP. Und zwar mit einer Vitamin-D-Ersatzt he rapie. Rüdiger Greinert: „Gegen Vitamin-D-Mangel haben wir eine Pille, gegen Hautkrebs nicht.“
Solarien machen süchtig
Auch wenn UV-Strahlung nicht unmittelbar auf die Stimmung wirkt, gibt es das Phänomen der Solariensucht („tanning addictive disorder“). Eine kleine Studie mit sieben eingefleischten Solarienfans aus dem US-Bundesstaat Texas zeigt beispielsweise, dass bestimmte Regionen im Gehirn, die gute Gefühle vermitteln, zumindest bei diesen regelmäßigen Nutzern unter UV-Strahlung besser durchblutet werden als auf einer Sonnenbank, aus deren Strahlung der UV-Anteil herausgefiltert wurde. Eine Studie der US-amerikanischen Yale-Universität belegt sogar, dass unfassbare 15 Prozent derjenigen, die bereits eine Hautkrebsdiagnose erhalten hatten, weiterhin auf die Sonnenbank gehen. Manche Menschen scheint diese also regelrecht magisch anzuziehen, wenn sie erst mal damit angefangen haben.
Solarium macht Falten – garantiert
Wer sich auf die Sonnenbank legt, braucht eigentlich nie wieder zu Anti-Age-Cremes zu greifen. Denn gegen einen so starken Altmacher wie UV-Strahlung können die kaum was ausrichten. Vor allem der UVA- Anteil sorgt dafür, dass Kollagenbindungen in der Haut kaputtgehen, sodass die Elastizität der Zellwände nachlässt und die Haut zwangsläufig schneller faltig wird. Spätestens im Alter von 45 sehen Strahlenscheue einfach jünger aus als diejenigen, die sich oft und intensiv UV-Strahlung ausgesetzt haben.
Gut drauf mit Lamp
Tageslichtlampen können viel für die Stimmung tun, ohne der Haut zu schaden
Ja, es stimmt, Licht macht gute Laune. Eine 10.000-Lux- Tageslichtlampe kommt ohne UV-Strahlung aus und kann durchaus helfen, eine Winterdepression zu überwinden. Empfohlen wird, sich morgens für 30 Minuten vor eine solche Lampe (im Fachhandel, ab ca. 100 Euro) zu setzen.
Einer aktuellen kanadischen Studie zufolge profitieren aber auch Patienten, die ganz unabhängig von der Jahreszeit depressiv sind. Wissenschaftler verglichen bei ihnen den Effekt von Tabletten und Licht. Das Antidepressivum Fluoxetin verbesserte die Stimmung nur wenig mehr als ein Scheinmedikament.
Täglich eine halbe Stunde Licht dagegen half der Hälfte der Patienten, mit der Kombination von Tabletten und Licht schafften es sogar drei von vier Patienten aus der Depression. Übrigens: Ein heller Sommertag liefertrund 100.000 Lux, ein grauer Wintertag mit 7.000 Lux immer noch viel mehr als eine Zimmerlampe (max. 500 Lux).
Das Einfachste, was man tun kann, wenn die Stimmung in den Keller geht, ist darum: nach Sonnenaufgang eine halbe Stunde nach draußen gehen und dabei öfter in den Himmel gucken. Wenn die Symptome nach zehn Tagen nicht besser sind, ist es angeraten, zum Neurologen zu gehen.
Dieser Artikel von Diana Helfrich erschien zuerst bei „so gesund“.