Olivenöl | Die Ölkrise in der Küche
Olivenöl ist gesund – so die landläufige Meinung. Dies gilt aber nur für qualitativ hochwertige Produkte. Was tatsächlich in den Ladentheken steht, ist oft mangelhaft und ungenießbar. Doch wie erkennt man gutes Öl?
Olivenöl Foto: Jupiter Images Goldgelb, funkelnd - doch ist das Olivenöl so gut, wie es aussieht?
Gutes Olivenöl ist reich an ungesättigten Fettsäuren, die nicht nur leicht verdaulich, sondern auch gut für Herz und Kreislauf sind. So genannte Polyphenole – gesundheitsfördernde sekundäre Pflanzenstoffe – sorgen für eine bessere Durchblutung, indem sie die Blutgefäße dehnbarer machen. Olivenöl kann sogar dazu beitragen, Krebserkrankungen vorzubeugen. Kein Wunder also, dass Ernährungsexperten immer wieder die mediterrane Küche anpreisen und zum Kauf von Olivenöl raten.
Wirklich gesund ist allerdings nur qualitativ hochwertiges Olivenöl, denn Polyphenole sind nur in Spitzenprodukten in hohem Maße vorhanden. Was in vielen Regalen steht, ist dagegen oft von niedriger Qualität oder sogar völlig ungenießbar. Selbst teure Produkte der Marke "nativ extra" enthalten manchmal minderwertiges oder gepanschtes Öl. Der Gourmetexperte Horst Schäfer-Schuchardt schätzt, dass 2005 bei der Olivenölproduktion von 3,2 Millionen Tonnen fünf bis zehn Prozent "nativ extra" waren. Im Handel seien aber 60 Prozent "nativ extra" gewesen. Vor allem bei Olivenöl mit Biosiegel sei Vorsicht geboten, so der Experte in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung weiter. Hier werde nach Strich und Faden betrogen.
Olivenöl - was ist was?
* Nativ extra: Erste Güteklasse. Die Olivenöle müssen genaue Anforderungen erfüllen, z.B. in Geruch und Geschmack fehlerfrei sein. Auf dem Etikett ist auch oft das italienische "Extra Vergine" zu lesen.
* Nativ: Zweite Güteklasse. Alle Olivenöle mit geringen Fehlern werden dieser Klasse zugeordnet.
* Lampantöl: Als "Lampantöl" werden ungenießbare Olivenöle eingestuft, die zum Beispiel ranzig, stichig oder modrig sind.
* Kaltgepresst: Beim Pressvorgang darf die Temperatur 27 Grad Celsius nicht überschreiten.
Die "Stiftung Warentest" schlug bereits im letzten Jahr Alarm: Von 26 getesteten Ölen der Marke "nativ extra" erhielten damals neun Produkte das Prädikat "mangelhaft". Darüber hinaus entdeckten die Prüfer in einigen Ölen sogar krebserregende Weichmacher. In einer erneuten Dokumentation im letzten Monat seien diese zwar zurückgegangen, so die "Stiftung Warentest", jedoch wurde immer noch ein Drittel der getesteten Produkte als ungenießbar eingestuft.
Ein gutes oder sehr gutes Ergebnis erhielten im aktuellen Test das Bio-Öl der Firma Neuco (17,60 Euro pro Liter) und das leider sehr teure "Roi Carte Noire Tropföl" (55,50 Euro). Doch auch bei Lidl und Aldi kann man für weniger Geld qualitativ gutes Olivenöl kaufen: Das "Lidl Luccese" für 7,20 Euro und das "Daidalos"-Öl von Aldi Nord für 8,00 Euro sind ebenfalls sehr fruchtig und zudem schadstoffarm. Immerhin noch die Note "befriedigend" erhielten das Olivenöl "Rainieri" (32,50 Euro) und das spanische "Columela"-Öl (21,00 Euro).
Billigproduktion und Etikettenschwindel
Abzocke beim Olivenöl?
Die niedrige Qualität vieler Olivenöle hat mehrere Gründe. Oliven sind sehr empfindlich und verderben schnell, daher müssen sie rasch verarbeitet werden. Idealerweise werden sie sogar geerntet, wenn sie noch grün sind, denn dann ist ihr Geschmack am intensivsten. Um Kosten zu sparen, pflücken viele Bauern die Früchte jedoch nicht selbst, sondern warten, bis sie von allein auf den Boden fallen und nur noch aufgesammelt werden müssen. Bis zur Verarbeitung sind die Oliven dann oftmals aufgeplatzt oder bereits vergammelt.
Viele Produzenten strecken ihr Olivenöl auch mit anderem, meist altem Öl. Die Fehlaromen, die dadurch entstehen, werden dann mit einer illegalen Wärmebehandlung beseitigt. Bei dieser Methode wird heißer Wasserdampf durch das Olivenöl gejagt, so dass sich sensorische Fehler regelrecht "verflüchtigen". Eine solche "Heißdusche" ist für Nativ-extra-Öle verboten, jedoch gleichzeitig sehr schwer nachzuweisen.
So erkennt man hochwertiges Öl
Für den Verbraucher ist es schwierig, erstklassiges und gesundes Olivenöl von minderwertigen und illegal behandelten Produkten zu unterscheiden. Denn nicht immer ist der Preis entscheidend: Unter den für "mangelhaft" befundenen Ölen der "Stiftung Warentest" fanden sich auch einige teure Bio-Öle. Dies lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass Produkte von Billig-Discountern regelmäßiger überprüft werden. Ebenfalls keine Aussagekraft hat die Farbe; die nur von den in Oliven enthaltenen Substanzen beeinflusst wird. Käufer sollten sich auch nicht durch den ersten Eindruck, etwa eine schöne Flasche, täuschen lassen.
Olivenöl in Flaschen Foto: Jupiter Images Farbe und Etikett haben keine Aussagekraft.
Bestimmte Hinweise auf dem Etikett können dagegen eine Orientierungshilfe sein: Hier wird zum Beispiel angegeben, wo das Öl hergestellt und abgefüllt wurde (es sollte dasselbe Land sein), und ob es eine Landesmischung (z.B. "100 Prozent Italien") oder aber eine Mittelmeermischung ist. Bei letzteren ist die Gefahr größer, dass völlig verschiedene Öle gepanscht wurden. Das Olivenöl sollte noch möglichst lange haltbar sein - mindestens noch über ein Jahr. Auch der Säuregehalt kann Hinweise auf die Qualität geben. Er sollte so niedrig wie möglich sein, definitiv aber unter 0,8 Prozent (EU-Richtwert) liegen. Wem vor allem der Geschmack wichtig ist, kann auch direkt zum Abfüller gehen und um eine Kostprobe bitten. Zuhause sollte das Olivenöl dann dunkel und kühl gelagert werden.
Fazit: Es lohnt sich, beim Kauf von Olivenöl misstrauisch zu sein. Nur qualitativ hochwertiges Öl ist tatsächlich gesund und schmeckt, wie es sollte. Deshalb:
* Das Etikett sollte immer genau gelesen werden. Wird ein Hersteller genannt, können Sie der Ware eher vertrauen. Eher misstrauisch sollten Sie sein, wenn nur der Abfüller oder Importeur genannt werden. Auch Begriffe wie "DOP" (geschütztes Anbaugebiet) oder "Azienda Agricola" sind gut. Sie weisen im Normalfall darauf hin, dass ein einzelner Betrieb hinter dem Olivenöl steht.
* Wenn möglich, sollte das Öl vorher probiert werden. Bei gutem Olivenöl steht ein frischer, sauberer Olivenduft im Vordergrund. Dazu kann er von Aromen wie frischem Gras, jungen Tomaten, reifen Äpfeln oder Küchenkräutern begleitet werden. Zudem sollte es im Rachen etwa kratzen, so Olivenölexperte Horst Schäfer-Schuchardt.
* Der Preis ist nicht immer entscheidend für die Qualität; dennoch kann es sich lohnen, ruhig mal ein paar Euro mehr auszugeben.
Übrigens: Es muss nicht immer Olivenöl sein. Auch andere Pflanzenöle - insbesondere Rapsöl - enthalten ebenfalls in hohem Maße ungesättigte Fettsäuren und sind daher genauso gut für Herz und Kreislauf. Wer nach den Ergebnissen von "Stiftung Warentest" verunsichert ist, kann also auch ruhig zu anderen Ölen greifen.