Kirsch im Test: Von ausgezeichnet bis ungeniessbar
Ausgerechnet der Kirsch, den die Beizer Tag für Tag ihren Kunden vorsetzen, schneidet im Kassensturz-Degustationstest am schlechtesten ab.
Die klassischen Kirschenkantone Luzern, Schwyz, Aargau Basel-Landschaft, Zug und Bern behaupten von sich gerne, sie brennen den besten Kirsch. Kassensturz hat die am meist verkauften Kirsche aus Discountern und Grossverteilern sowie Flaschen von kleineren Brennern aus den klassischen Kirschenkantonen von ausgewiesenen Fachleuten degustieren lassen. Degustiert haben Josiane Enggasser vom Schweizerischen Obstverband, Daniel Zürcher, Schnapsbrenner aus Port bei Biel, Oscar Philipp Adler, Jurymitglied bei diversen Schnaps-Prämierungen, René Zimmermann, Präsident des Schnapsforums und Gabriela Perret, prämierte "Schnapsnase des Jahres 2004". Da es sich um eine Blinddegustation handelt, weiss niemand, was er oder sie probiert.
Verschiedene Hersteller kritisieren die Degustation. Sie sagen, man können nicht Kirsche von Discountern und Grossverteilern mit Produkten von spezialisierten kleinen Brennern vergleichen. Der beste Kirsch im Test kommt aus dem Kanton Luzern: "Kirschbrand Lauerzer" von Urs Hecht für Fr. 8.60 pro Deziliter. Guten Kirsch gibt es im Kanton Aargau, der "Oberfricker Kirsch" von Schwaller und der "Seppetoni" von Humbel, gut der Schwyzer "Kirsch Réservé" von Dettling und der Baselbieter "Reigooldwiler Kirsch" von Wirz. Ein "befriedigend" erhalten der erste Berner Kirsch, der "Bure-Kirsch (er hat gut nur ganz knapp verpasst), sowie "Kirsch Vieux" von Studer, "Fassbinder Bergkirsch" von Fassbind und die Zuger Kirsche "Notiker Kirsch" von Keiser und "Wölflinsteiner" von Röllin. Unbefriedigend schneidet ausgerechnet der bekannte "Original Willisauer" von der Grossbrennerei Diwisa ab. Unbefriedigend auf der Zürcher "Berghof" von Lateltin, "Räber Kirsch" aus Küssnacht am Rigi. Räber schreibt: "Derselbe Kirsch hat an einer nationalen Degustation die goldene Auszeichnung gewonnen.". Ein anderes Mal ebenfalls schon prämiert wurde der "Zuger Kirsch" von Etter. Unbefriedigend auch der traditionelle Baselbieter "General Sutter" von Nebuker, "Rufihof Rigi-Kirsch" aus dem Denner (Grossbrennerei Pomdor), "St. Georg", ebenfalls aus der Grossbrennerei Pomdor, gekauft bei Volg sowie "Häfelibrand - Petit Alambic", die Coop-Eigenmarke, gebrannt bei Pomdor. Schlecht mundet den Degustatoren "Alter Kirsch", gekauft bei Denner, gebrannt von der Diwisa. Sehr schlecht schneidet der "Urschwyzer Kirsch Altes Dorf" aus dem Hause Landtwing-Rütter ab. Ausgerechnet dieser Kirsch wird in Restaurants serviert. Gemäss Hersteller Rütter sei ein Produktionsfehler schuld am schlechten Geschmack. Rütter schreibt: "Wir haben herausgefunden, dass uns bei der Reinigung der Abfüllanlage ein Fehler unterlaufen ist. In der Folge verfälschte sich der Geschmack der nächsten 800 Liter Kirsch. Die von Kassensturz degustierte Flasche gehört zu dieser Abfüllserie."
Es gibt den Original-Kirsch aus Willisau, den klassischen Zuger Kirsch oder den Oberfricker aus dem Aargau. Doch die heile Welt der Schweizer Kirsche ist bedroht: Schon jeder zweite Liter Kirsch nämlich kommt aus dem Ausland. Seit einem Jahr muss nämlich für Import-Kirsch weniger Zoll bezahlt werden. Deutsche Produzenten können dank bundesweit tieferer Alkoholsteuer und gesunkenem Zoll Kirsch günstig in die Schweiz liefern. Die Folge: Preiszerfall bei den Schweizer Kirschen. Die Bauern produzieren weniger, und die Brenner kaufen Kirschen immer mehr im Ausland. Daraus brennen sie günstigen Schnaps und verkaufen ihn - legal - als "Schweizer Kirsch".
(Kassensturz vom 17.1.2005)