Auch Bio in der Kritik

foodwatch: „Jedes vierte Tierprodukt stammt von einem kranken Tier“

23. Sept. 2016 von

In jedem vierten Tierprodukt stecken die Schmerzen und Qualen eines kranken Tieres. Dass diese Tiere nicht behandelt, sondern krank verwertet werden, liegt am Handel, der nicht mehr auf Qualität, sondern günstige Preise setzt, so „foodwatch“.

Früher waren tierische Produkte etwas Besonderes. Die Menschen wussten ein Stück Fleisch am Sonntag zu schätzen, denn es hatte seinen Preis. Mittlerweile werden Huhn, Schwein, Milch und Co. zu Spottpreisen in Supermärkten angeboten und gerne gekauft.

Dass Verbraucher nahezu täglich Lebensmittel mit Zutaten von kranken Nutztieren zu sich nehmen, fand eine aktuelle Studie der Verbraucherschutzorganisation „foodwatch“ heraus. Jedes vierte Tierprodukt, worunter auch weiterverarbeitete Produkte wie Kekse mit Eiern, Nudeln mit Fleischfüllung oder Schokolade mit Milch zählen, stamme von kranken Tieren. Diese Produkte seien zwar alle sicher, aber mit den Schmerzen der Tiere behaftet.

Bio ist nicht besser

Betroffen sind unter anderem Milchkühe, von denen mindestens jede zweite einmal pro Jahr Krankheiten wie Euterentzündungen, Lahmheit oder Stoffwechselstörungen durch unangebrachte Halterung durchstehen muss. Die Milch von kranken Kühen findet sich in jedem zehntem Liter wieder.

Aber auch jedes zweite Schwein leidet, vor allem an Organveränderungen und chronischen Gelenkerkrankungen.

Jedes vierte Huhn muss dagegen Knochenbrüche, Wurmbefall oder Fußballenveränderungen erdulden. Erschreckende 4 von 10 Eiern werden von einer Henne mit Knochenbrüchen gelegt, da sie ihr ganzes Kalzium für die Schalen der vielen Eier benötigt.

Man würde nun denken, dass zumindest Bio oder kleinere Höfe besser auf ihre Tiere aufpassen und eine artgerechtere Haltung garantieren, dies ist jedoch laut „foodwatch“ ein Trugschluss.

Die Organisation habe keinen signifikanten Unterschiede zwischen Bio- und konventioneller Haltung feststellen können, denn viel Auslauf und mehr Platz genügten nicht. Die Betriebshygiene, das Stallklima und die Betreuung der Tiere seien für die Gesundheit ausschlaggebend, so Matthias Wolfschmidt von „foodwatch“. Beim Vergleich von kleinen Höfen und Großbetrieben konnte ebenfalls kein Unterschied erkannt werden.

Ursachenforschung

Laut Matthias Wolfschmidt seien nicht die Bauern die Schuldigen, sondern der Handel, der einen Wettbewerb auf Basis von Preisen, nicht Qualität, fördere und somit Bauern und Verbraucher zu Opfern dieses grausamen Systems mache. Die Bauern könnten sich eine Behandlung kranker Tiere schlicht und ergreifend oft nicht leisten und da die Tiere ja meist noch „funktionieren“, werde ihnen nicht geholfen.

„foodwatch“ fordert deshalb eine gesetzlich vorgeschriebene, tiergerechte Haltung für alle Nutztiere sowie die Überprüfung und Sicherstellung, dass nur Produkte, welche die Richtlinien einhalten, in den Handel kommen. Diese Regelung müsse EU-weit gelten, um Konkurrenz aus billigeren Nachbarländern zu vermeiden. Ein Liter Vollmilch würde dann 75 bis 90 Cent kosten, anstelle von 65 Cent derzeit, ein Ei aus Bodenhaltung um die 20 Cent, schätzt Wolfschmidt laut dem „SWR“.

Zudem appelliert er an die Verbraucher, die bereit sein müssen, durch höhere Preise eine den Tieren eine bessere Haltung zu ermöglichen. Dies sind wir ihnen schuldig.