Vegetarische Wurst & Co. füllen die Kassen der Fleischindustrie
Dass wir Verbraucher immer öfter Wurst und Fleisch links liegen lassen und stattdessen zu vegetarischen und veganen Lebensmitteln greifen, macht den großen Fleischwarenhersteller nicht viel aus – im Gegenteil: Oft sind sie es, die pflanzlichen Ersatzprodukte in die Regale der Supermärkte bringen und damit ihre Einnahmen steigern.
Wie Redakteurin Sophie Burfeind für sueddeutsche.de recherchiert hat, ist der Umsatz mit Fleischimitaten in Deutschland 2015 um rund 26 Prozent auf 454 Millionen Euro gestiegen. Dagegen gingen die Verkäufe von Nahrungsmitteln aus Tieren in den vergangenen fünf Jahren um fast zehn Prozent zurück.
Die Kleinen werden verdrängt
Firmen wie Rügenwalder Mühle, Wiesenhof, Gutfried, Ponnath, Herta und Meica, die eigentlich für ihre Fleischwaren bekannt sind, haben sich darauf eingestellt und verkaufen seit geraumer Zeit auch die vegetarischen bzw. veganen Alternativen. Das ist zu einem lukrativen Geschäft geworden: „Für ein gutes Gewissen zahlt ein Kunde ja gern ein bisschen mehr“, erklärt Burfeind.
Für kleinere Unternehmen, die ausschließlich Bratlinge und andere pflanzenbasierte Nahrung anbieten, ist diese Entwicklung fatal. Schließlich haben die Großkonzerne genug Geld, um ihre Produkte zu bewerben und Regalflächen in den Supermärkten zu mieten. Das nimmt den Branchenpionieren die Chance, selbst zu wachsen. Die Tofurei „Lord of Tofu“ etwa hat vor einem Jahr ihre Verkaufsregale bei Edeka und Tegut verloren.
Streitpunkt „V“-Logo
Dass der Vegetarierbund Deutschland (Vebu) die Fleischkonzerne dazu noch indirekt unterstützt, ist der Inhaberin von „Lord of Tofu“ ein Dorn im Auge. Die Organisation zeichnet nämlich vegetarische und vegane Produkte mit dem renommierten „V“-Siegel aus. Auch auf der fleischlosen Ware von bekannten Großfabrikanten darf das Logo geführt werden. Das rückt sie nach Meinung einiger Kritiker aber in ein falsches Licht. Denn der Vebu wird eigentlich mit Naturschutz und dem Einsatz für das Tierwohl in Verbindung gebracht. Allerdings ist bei den Fleischkonzernen unter anderem Boden- oder sogar Massentierhaltung gang und gäbe.
Schon allein deshalb würden viele Veganer und Vegetarier die Imitate der Fleischproduzenten vermeiden. Nur haben die namhaften Firmen inzwischen eigene vegetarische Marken auf den Markt gebracht, bei denen nicht sofort ersichtlich ist, wer dahinter steht. Burfeind nennt „Vegetaria“ als Beispiel: „Diese Produktlinie gehört zum Unternehmen Artland Convenience. Dass es sich um eine Fleischfirma handelt, kann der Kunde zunächst nicht erkennen“, so die Redakteurin.
Zum Wohle der Tiere, der Umwelt und der Gesundheit?
Ohnehin sollten sich Verbracher, die meinen, mit dem Kauf von Fleischalternativen etwas für den Tierschutz, die Umwelt oder die eigene Gesundheit zu tun, keine falschen Hoffnungen machen. Burfeind zitiert Sophie Herr von der Verbraucherzentrale: „Da ist Eiklar drin, da ist Soja drin – dass da viel für den Klimaschutz und das Tierwohl getan wurde, darf man infrage stellen.“ Zudem seien die Imitate oft nicht gesund, weil zu viele Ersatzprodukte für die Herstellung verwendet werden.