Umweltschutz

Macht Papierrecycling eigentlich noch Sinn?

01. Feb. 2015 von

Stiftung Warentest hat gesundheitsschädliche Mineralöle in Pralinen und Adventskalendern gefunden. Wie kommen die da hin? Und wo sind sie sonst noch überall drin?

In der Schweiz, Deutschland und Österreich sind wir es seit klein auf gewohnt, unser Papier zu sammeln und recyceln zu lassen. Fein säuberlich stapeln wir alte Zeitungen aufeinander, packen sie zu großen Bündeln, und legen sie beim Tag der Altpapiersammlung vor die Haustüre. So haben wir es von unseren Eltern beigebracht bekommen und so geben wir es an unsere Kinder weiter. Doch macht Papierrecycling in der heutigen Zeit überhaupt noch Sinn?

Es gibt mehrere Anzeichen dafür, dass wiederverwendetes Papier, welches zum Beispiel für Verpackungen in der Lebensmittelindustrie benutzt wird, verunreinigt ist. Auch die Müllverbrennungsanlagen beklagen das Fehlen des Brennstoffes Heizöl, welcher im Papier enthalten ist. Das geht sogar so weit, dass der zuvor brav getrennte Plastikabfall wieder untergemischt wird, um die komplette Verbrennung des Abfalls zu gewährleisten.

Verunreinigte Lebensmittel wegen Altpapier

Wie aber kommt das Mineralöl in die Schokolade? Mineralöl hat nichts mit Motoröl zu tun, sondern vor allem mit Tageszeitungen. Es ist ein Bestandteil der Druckerfarbe und wird beim Recycling von Altpapier gleichmäßig in die Papiermasse verteilt. Aus dieser Masse werden unter anderem sogenannte Öko-Kartons hergestellt. Diese finden wir dann in den Regalen der Supermärkte wieder, da sie als Verpackungen von Obst, Gemüse und eben auch zum Beispiel Schokolade wiederverwendet werden. Meist werden sie noch mit einem Bio-Sigel beworben, da sie ja der Umwelt zu liebe aus recyceltem Papier hergestellt wurden. So weit so gut. Doch die Sache hat einen Haken. Die im Karton vorhandenen Öle gasen nämlich aus und werden von den Lebensmittel über die Luft aufgenommen. Unser Essen wird also durch diese, im Karton enthaltenen Schadstoffe langsam verunreinigt. Das klingt schon nicht mehr so gut. Und mit „Bio“ hat das ebenfalls herzlich wenig zu tun.

Stiftung Warentest hat leider nur die von ihnen angeprangerten Pralinen und Adventskalendern untersucht. Man hätte jedoch besser auch Produkte untersucht, die nicht nur zur Weihnachtszeit auf dem Markt sind. Babymilchpulver zum Beispiel. Oder Müslipackungen. Die darin enthaltenen Müsli bekommen viele Kinder schließlich jeden Tag vorgesetzt.

Dass diese Lebensmittel möglicherweise verunreinigt sein könnten, darauf wurde nicht aufmerksam gemacht. Das Problem liegt aber auch an Warentestern, die konsequent Produkte abwerten, die nicht in recycelten Verpackungen verkauft werden. Schadstofffreie Kartons haben vielleicht den Ruf, nicht ökologisch hergestellt worden zu sein, vergiften aber unser Essen nicht.

So kannst du dich schützen

Aus Altpapier hergestellte Kartons sind in der Regel dunkel. Je dunkler ein Karton, desto höher ist normalerweise der Recyclinganteil. Wer helle, also aus Frischfasern hergestellte Verpackungen kauft, geht kein Risiko ein. Ausnahme bleiben jedoch Schachteln, die mit belasteten Farben bedruckt sind. Beim Einkauf kann also schon vorgebeugt werden, indem man solche Packungen im Regal stehen lässt. Ganz ignorieren kann man sie aber trotzdem nicht, da einfach zu viele Verpackungsproduzenten vom Recyclingpapier Gebrauch machen.

Zu Hause gilt Folgendes zu beachten: Beim Auftauen von Tiefkühlprodukten sollten diese immer im gefrorenem Zustand aus der Packung genommen und im Kühlschrank aufgetaut werden. Auch beim Kochen von Nahrung geht ein Teil des angereicherten Mineralöls mit dem Wasserdampf verloren. Grundsätzlich gilt, je länger die Lagerzeit, desto mehr Giftstoffe gehen in die Lebensmittel über. Daher sollten Produkte, welche direkt mit der Verpackung in Berührung kommen, zu Hause in Vorratsdosen umgefüllt werden. Am besten geht das mit Reis, Nudeln, Frühstückscerealien oder Trockenfrüchten. Durch solche Maßnahmen kann das Risiko einer Kontamination der Lebensmittel deutlich gesenkt werden.

Die Grenzen des Papierrecyclings

Papierrecycling hat weltweit eine lange Tradition. Die Herstellung und Verwendung von Recyclingpapier wurde Jahrzehnte lang in den Himmel gelobt. Ökologische und wirtschaftliche Vorteile sollen überwiegen. Sammelweltmeister sind Deutschland, Österreich und die Schweiz, wo etwa drei von vier Kilo Papier wieder gesammelt und recycelt werden.

Wer aber den ganzen Prozess etwas genauer unter die Lupe nimmt, sieht die Widersprüche. Für besondere Eigenschaften von Papier wird eine ganze Palette an Chemikalien benötigt. Mehr als für die Herstellung von Plastik. Durch jeden Recyclingprozess sinkt die Produktqualität und die Schadstoffbelastung steigt. Echtes Recyclingpapier gibt es eigentlich gar nicht. Es wird nur „downgecycelt“. Hinzu kommt, dass Holz, aus dem frisches Papier hergestellt wird, ein ständig nachwachsender Rohstoff ist.

Heutzutage ist die Industrie so weit, Papier weitgehend umweltneutral herstellen zu können. Auch das erforderliche Wasser lässt sich dank moderner Technik vollständig reinigen. Das ist echtes Recycling und schont die Umwelt mehr als aufwändige Wiederherstellungsprozesse. Papier sammeln macht natürlich weiterhin Sinn. Es wird ja unter anderem auch Toilettenpapier und andere, nicht im Lebensmittelbereich benötigte Artikel, die aus Altpapier hergestellt werden. Die Industrie sollte jedoch einen Weg finden, die Abläufe so zu optimieren, dass für die Abfallverbrennungsanlagen genug Brennmaterial übrig bleibt. Und wer sich vor verunreinigten Nahrungsmitteln schützen will, sollte gut auf die Farbe des Kartons achten.