Glitzer in Kosmetik: Warum in Make-up Kinderarbeit steckt
Viele lieben es, wenn ihr Make-up und ihre Nägel zart schimmern. Doch der schöne Schein trügt: Kinder schuften in Minen für die Glitzerpartikel.
Glimmer sorgt für Glanz
Das Mineral Glimmer sorgt in Kosmetikprodukten für den perlmuttartigen Schimmer auf Haut und Nägeln. Das Mineral findet sich unter seinem englischen Namen „Mica“ auch in den Inhaltsangaben der Kosmetik-Hersteller. Manchmal wird auch das Kürzel CI 77019 verwendet.
Glimmer aus illegalen Minen in Indien
Der meiste Glimmer wird in Indien und China in Minen geschürft. In Indien kommt das Mineral vor allem aus den armen Bundesstaaten Bihar und Jharkhand.
Das Kinderhilfswerk Terre des Hommes hat am 19. Mai 2016 eine Studie zum Thema Glimmer-Minen in Indien vorgestellt. In dieser schätzt das Hilfswerk, dass bis zu 20.000 Kinder in den Glimmer-Minen schuften. Exakte Angaben zur Zahl arbeitender Kinder existieren nicht.
90 Prozent der Minen sind illegal
Nach der aktuellen Studie sind 90 Prozent der Minen in Jharkhand und Bihar illegal. Erschreckend ist, dass der Glimmer-Abbau in diesen beiden Bundesstaaten rund ein Viertel des weltweiten Abbaus ausmacht. Zudem ist der Absatz in den letzten zehn Jahren um 75 Prozent gestiegen.
Ein Großteil des abgebauten Glimmers aus Indien landet The Guardian zufolge in Form von Lidschatten, Lippenstift oder Rouge in unseren Gesichtern.
Arbeit unter schrecklichen Bedingungen
Die Kinderarbeit in den Minen findet unter furchtbaren Bedingungen statt: Schnittwunden, Schlangen- und Skorpionbisse, Hautinfektionen und Atemwegserkrankungen sind an der Tagesordnung.
Drei Kinder starben in den Jahren 2014 und 2015 bei Mineneinbrüchen. Und die Dunkelziffer ist hoch, weil Unfälle in illegalen Minen in der Regel nicht publik werden.
Kinderarbeit statt Schule
Viele indische Familien leiden unter so großer Armut, dass sie ihre Kinder trotz der großen Risiken in die Glimmer-Minen statt zur Schule zu schicken.
Und das, obwohl selbst in den Minen nur Hungerlöhne gezahlt werden: Ein Kind baut für 50 Rupien, also knappe 60 Cent, rund 10kg am Tag Glimmer ab, berichtet earthlink e.V.
Kosmetikhersteller streiten Schuld ab
Der WDR hat mehr als ein Dutzend Kosmetikhersteller gefragt, woher das Mica stammt, das sie verwenden. Nahezu alle würden ihr Mica hauptsächlich aus Indien und China beziehen.
Die Hersteller betonten aber, dass sie auf die Produktionsbedingungen achten und sich dafür einsetzen würden, dass keine Kinder in den Minen oder deren Umfeld arbeiten.
Terres des Hommes bleibt kritisch
Terres des Hommes lobt zwar das Engagement einiger Kosmetikfirmen, bleibt aber skeptisch. Denn der Glimmer-Markt lasse sich wegen der politischen Umstände und der extremen Armut in der Region nicht lückenlos kontrollieren.
Die Produktionskette verlaufe über die meist illegal betriebenen Bergwerke und internationale Zwischenhändler, die die Mineralien weiter verarbeiten, so dass sie in Kosmetikprodukten eingesetzt werden können.
Zu diesen Firmen gehört dem Kinderhilfswerk zufolge auch der deutsche Chemie- und Pharmahersteller Merck, der in der Studie ebenfalls portraitiert wird.
Künstlicher Glimmer?
Einen neuen Weg geht das Unternehmen Lush, das in Zukunft vollständig auf den Einsatz von Glimmer in seinen Produkten verzichten will. Das Mineral soll durch synthetische Stoffe ersetzt werden.
Bis wann die Produktion tatsächlich glimmerfrei sein soll, sei aber unklar, schreibt The Guardian.
Glimmer in Autoindustrie
Nicht nur die Kosmetikindustrie verwendet Glimmer. Das Mineral findet man auch in Autolacken, Reifen und Bremsbelägen.
Zudem wird Glimmer auch in elektronischen Geräten wie Toastern verwendet oder zur Isolation von Kabeln benutzt.
Petition gegen Kinderarbeit für Glimmer
Wer sich gegen die Kinderarbeit in den indischen Glimmer-Minen einsetzten möchte, kann die entsprechende Petition des Hilfswerks Terre des Hommes unterzeichnen.