Ernährung unserer Vorfahren

Evolution: Ebnete Fleisch den Weg zum heutigen Menschen?

18. März 2016 von

Mit dem Homo erectus entstand eine Menschengattung, die sich von ihren Vorfahren durch einen verkleinerten Kiefer und ein größeres Gehirn unterschied. Doch was war die Ursache für diese Veränderung? Ließ Fleisch die Gehirne unserer Urahnen wachsen und ebnete damit den Weg zum modernen Menschen? Neue wissenschaftliche Erkenntnisse lassen das vermuten.

Vegane Ernährung liegt im Trend. Anders als früher ist es uns Menschen heute möglich, uns auf rein pflanzlicher Basis zu ernähren und dennoch alle wichtigen Nährstoffe zu erhalten. Für viele ist die moderne Massentierhaltung Anlass, sich möglichst fleischfrei zu ernähren, oder sogar ganz auf tierische Produkte zu verzichten. Wer das tut, hört häufig das Argument, dass Fleischessen für uns Menschen doch natürlich sei. Und dass unsere Gehirne sich ohne tierisches Protein niemals entwickelt hätten. Aber stimmt das? Wissenschaftliche Erkenntnisse deuten darauf hin.

Vom Rohköstler zum Allesfresser

Die ersten menschenähnlichen Primaten ernährten sich von Wurzeln, Blättern und Früchten, ähnlich wie die heutigen Menschenaffen. Genau wie diese verbrachten sie einen Großteil ihres Tages mit der Futtersuche und dem Kauen und Zerkleinern von harter pflanzlicher Kost. Sie hatten große Zähne zum Mahlen der Nahrung und breite, kräftige Kiefer.

Vom Australopithecus zum Homo erectus änderte sich das Erscheinungsbild unserer frühen Vorfahren deutlich: Das vorher lang gestreckte Gesicht mit dem hervorstehenden Kiefer verkleinerte sich. Sein Biss war weniger kräftig, seine Zähne und auch sein Magen waren kleiner als bei seinem Vorgänger. Dafür wies er ein größeres Gehirn auf. Schon vor einigen Jahren brachten Wissenschaftler diese Entwicklung mit der Aufnahme tierischer Kost in Verbindung. Nun stellten Forscher der Harvard University fest: Allein das Herunterschlingen von rohem Fleisch wird den Energiebedarf unserer Vorfahren nicht gedeckt haben. Sie mussten Techniken entwickeln, die Nahrung zu zerkleinern.

Werkzeuggebrauch und Kochkultur

Vermutlich waren die ersten Vormenschen, die auch tierische Nahrung zu sich nahmen, Aasfresser, bevor sie sich zu Jägern entwickelten. Tierische Kost ist energiereicher und sorgte so dafür, dass unsere Urahnen schneller auf ihren täglichen Kalorienbedarf kamen als durch pflanzliche Kost.

Mithilfe von Versuchen, wie sich unsere Nahrung durch Kauen am besten aufschließen lässt, kamen die Forscher zu den Ergebnissen, dass der Verzehr von Fleisch alleine die Veränderungen an Kiefer, Zähnen und Magen noch nicht vollbringen konnte. Ihr Schluss: Die Menschen müssen gelernt haben, ihre Nahrung mithilfe von Werkzeugen zu bearbeiten und so zu zerkleinern, dass sie weniger kauen mussten. Die kleineren Kiefer bedeuteten einen wichtigen Schritt beim Erlernen von Sprache.

Die tierischen Eiweiße und Fettsäuren, so der aktuelle wissenschaftliche Stand, begünstigten die Vergrößerung des Gehirns zusätzlich (siehe auch GEOkompakt, Nr. 30, 2012.). Ein weiterer Durchbruch gelang einem Nachfahr des Homo Erectus, Homo Sapiens, der sich schließlich überall auf der Welt durchsetzte: Er bereitete seine Nahrung mithilfe von Feuer zu und entwickelte Techniken, auch tierische Kost haltbarer zu machen.

Grundnahrungsmittel: Samen, Nüsse, Beeren

Bevor nun alle erklärten Fleischliebhaber jubeln und in der Mittagspause das vegetarische Kantinenessen verspotten, darf eines nicht vergessen werden: Die Hauptnahrung unserer Vorfahren bestand zu keinem Zeitpunkt aus tierischer Kost. Die Mengen an Fleisch, die die Vormenschen zu sich nahmen, sind mit einer modernen fleischlastigen Ernährung nicht zu vergleichen. Nach den Erkenntnissen der Forscher scheint uns Fleisch unserem heutigen Erscheinungsbild näher gebracht zu haben. Und die Zufuhr von tierischem Protein ließ die Gehirne unserer Vorfahren wachsen. Aber diese Entwicklung benötigte viele Jahrhunderte an Zeit, genau wie die Entwicklung unserer heutigen Kulturen. Dank unserer Vorfahren haben wir heute die Wahl – auch die Wahl der Rückkehr zu einer pflanzlichen Esskultur.