Der große ÖKO-TEST Trinkwasser-Test
Im Trinkwasser werden immer wieder diverse Rückstände nachgewiesen - doch gefunden wird nur, wonach gesucht wird. Regelmäßige Analysen sind nicht gesetzlich vorgeschrieben. Nun hat ÖKO-TEST Trinkwasser in Deutschland auf das giftige Gadolinium untersuchen lassen und wurde vielerorts fündig.
Wasser ist kostbar, das nehmen sich immer mehr Verbraucher zu Herzen. Der Wasserverbrauch der Haushalte sinkt seit Jahren beständig. So lag der durchschnittliche Wasserverbrauch in Deutschland pro Person und Tag im Jahr 2007 bei 122 Litern, in Österreich waren es 162 Liter. Die Schweiz schnitt im Drei-Länder-Vergleich mit 237 Litern am schlechtesten ab. Nach Schätzungen werden in Deutschland von den 122 Litern Pro-Kopf-Verbrauch am Tag drei Liter zum Trinken und Kochen verwendet. Doch das hierfür verwendete Wasser ist in Gefahr: Seit Jahren steigt der Anteil von Arzneimittelrückständen im Trinkwasser. Dennoch gibt es keine gesetzlichen Regelungen für die regelmäßige Überprüfung auf diese Rückstände. Deshalb hat ÖKO-TEST jetzt eine Untersuchung von Trinkwasser aus 69 deutschen Städten vorgenommen, auf die sich der folgende Artikel bezieht.
Wie kommen Medikamente ins Trinkwasser?
Arzneimittel gelangen ins Trinkwasser, da sie über den Urin oder Stuhl in unveränderter Form ausgeschieden werden. Viele Medikamente sind so konzipiert, dass sie den sauren pH-Wert des Magens überstehen und im Verdauungsprozess nicht abgebaut werden. So erreichen sie zu großen Teilen das Abwasser. Ein großes Problem ist zudem die häufig unsachgemäße Entsorgung von Medikamenten über den Ausguss oder die Toilette. Durch ihre hohe Wasserlöslichkeit können Arzneimittelrückstände im Klärwerk nur zu einem gewissen Teil zurückgehalten oder abgebaut werden. Der Rest fließt in den nächsten Fluss und kann auch durch die Uferfiltration nicht vollständig herausgefiltert werden. So gelangen die Rückstände schließlich ins Grundwasser, aus dem unser Trinkwasser größtenteils gewonnen wird.
Machen die Rückstände im Trinkwasser krank?
Trotz steigender Tendenz liegt die Konzentration der Arzneimittelrückstände im Allgemeinen noch deutlich unter jener, die für einen therapeutischen Effekt beim Menschen nötig wäre. Ungeklärt ist allerdings, ob die dauerhafte Aufnahme geringer Konzentrationen einzelner Stoffe chronische Effekte verursachen kann. Und obwohl die Arzneimittelrückstände im Moment noch keine gesundheitsgefährdenden Auswirkungen auf den Menschen haben sollen, ist bereits eine deutliche Beeinflussung der Umwelt zu beobachten. So können die in großen Mengen verwendeten Antibiotika zur Ausbildung von Resistenzen führen, die auf den Menschen zurückwirken können. Psychopharmaka können auf Wasserorganismen wie Nervengifte wirken und Verhaltensänderungen hervorrufen. Dies könne ernste Konsequenzen für das Ökosystem haben, warnen Forscher.
Neben einzelnen Beobachtungen und Experimenten ist über die langfristigen Wirkungen von Arzneimittelrückständen auf die Umwelt aber noch wenig bekannt. Vor allem das Zusammenspiel der Rückstände im Wasser ist problematisch. Die Kombinationswirkungen der Stoffe, sowie die Auswirkungen von möglichen Abbau- und Umwandlungsprodukten sind kaum erforscht.
Der ÖKO-TEST Trinkwasser-Test
Es gibt keinen gesetzlichen Auftrag für die Untersuchung von Trinkwasser auf Arzneimittelrückstände. Selbst in der Trinkwasser-Verordnung gibt es keine Grenzwerte. Sie fordert lediglich, dass chemische Stoffe nicht in Konzentrationen vorkommen dürfen, „die eine Schädigung der menschlichen Gesundheit besorgen lassen.“ Doch die Belastung des Wassers steigt, weshalb ÖKO-TEST nun eine eigene Analyse vorgenommen hat: ÖKO-TEST hat Proben aus 69 deutschen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern untersuchen lassen. Untersucht wurde das Vorkommen des Metalls Gadolinium im Trinkwasser, das natürlicherweise nur in sehr geringen Mengen zu finden ist. Da seit Ende der 1980-Jahre Gadolinium-Verbindungen als Kontrastmittel in der medizinischen Diagnostik eingesetzt werden, gelangte der Stoff zunehmend ins Trinkwasser. Freies Gadolinium wirkt akut giftig auf die Mitochondrien, die Muskulatur und die Blutgerinnung.
Das Testergebnis
Die Untersuchungsergebnisse von ÖKO-TEST zeigen, dass Städte an Rhein und Ruhr, sowie auch Westberlin (Tegel, Tempelhof) besonders betroffen sind. Hier fielen 18 Proben mit erhöhten und leicht erhöhten Gadolinium-Gehalten auf, aus denen relativ sicher ein Teil des Gadoliniums aus Kontrastmitteln stammt. Bei elf Proben mit geringen Mengen Gadolinium sind keine sicheren Schlüsse auf einen menschengemachten Eintrag zu ziehen. In diesen Fällen ist eher ein natürlicher Ursprung anzunehmen. Das Ergebnis zeigt: Akut giftig sind selbst die höchsten gefundenen Mengen von 34 bis 40 Nanogramm Gadolinium pro Liter (ng/l) im Trinkwasser von Oberhausen, Mülheim und Bochum nicht. Der gesundheitliche Orientierungswert des Umweltbundesamtes von 100 ng/l wird nicht überschritten. Dennoch sind die Werte alarmierend, da die Langzeitwirkungen auf die Umwelt unbekannt sind. Der Test hat die Notwendigkeit regelmäßiger Trinkwasser-Analysen auf Arzneimittelrückstände verdeutlicht. Besonders, da die Prognosen für die nächsten Jahre schlecht sind – Experten rechnen mit einem stetigen Anstieg der Arzneimittelrückstände im Trinkwasser.
Was kann man selbst tun?
Um die Belastung des Wassers und der Umwelt so gering wie möglich zu halten, sollte man:
- Dosierungsangaben der Medikamente beachten.
- Die kleinste Packungsgröße wählen.
- Abgelaufene Medikamente in der Apotheke abgeben.
- Notfalls Medikamente in den Restmüll geben.
- Medikamente niemals über Toilette oder Ausguss entsorgen!