Ab heute: Penny verkauft krummes Bio-Gemüse
Supermarktketten wie Intermarché in Frankreich oder Coop in der Schweiz haben es vorgemacht – heute, am Montag, zieht Penny nach: Als erster deutscher Discounter wird der Händler dauerhaft Obst und Gemüse in seine Regale bringen, das nicht der EU-Norm entspricht.
Die Natur geht ihre eigenen Wege und kein Gewächs sieht wie das nächste aus. Beim Einkauf im Supermarkt kann jedoch leicht ein anderer Eindruck entstehen, denn in den Auslagen liegen praktisch nur uniforme, makellose Lebensmittel. Obst und Gemüse müssen den Zuchtrichtlinien des Handels erfüllen, aber auch optische Kriterien sind maßgeblich. Schließlich sind wir von den Anbietern an ein gewisses Schönheitsideal gewöhnt worden.
Verbraucher verbinden Optik und Geschmack
Entspricht ein Naturerzeugnis nicht den Vorgaben in Form und Größe, erhält es im Nu den Stempel „Ausschussware“. Was Menschen anderswo unvoreingenommen essen oder in ihrem Essen verarbeiten, wird in Teilen der westlichen Welt deswegen an Tiere verfüttert, zu Bio-Gas verarbeitet oder einfach weggeworfen. Dabei wirken sich Äußerlichkeiten natürlich weder auf den Geschmack noch die Qualität der Lebensmittel aus.
Abgesehen von der Verschwendung leidet der ökologischen Landbau unter unserer konditionierten Vorstellung von gesunder Nahrung. Bio-Bauern verzichten auf Düngemittel und andere Chemikalien. Dadurch fahren sie zum Beispiel häufig kleinere Früchte oder Ernten mit Schalenfehlern als ihre Konkurrenten ein und finden weniger Abnehmer.
Aussortierung wird deutlich eingeschränkt
Penny will nun mit gutem Beispiel voran gehen und ab kommenden Montag seine Produktpalette mit den „Naturgut Bio-Helden“ erweitern. Unter der Marke wird der Discounter in Zukunft Packungen verkaufen, in denen sich neben „normal“ gewachsener Ware auch äußerlich nicht perfekte Erzeugnisse von Bio-Landwirten befinden, schreibt Penny-Chef Jan Kunath in der Presseerklärung des Unternehmens.
Jochen Baab, Mitglied der Geschäftsleitung, weist ergänzend darauf hin, dass deswegen nicht „automatisch jede zweite Kartoffel im Netz einen Makel“ haben wird. Weil die Exoten nicht mehr direkt aussortiert würden, hänge es von Saison und Witterung ab, wie viel Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern dabei ist. Pro Packstück gebe jedoch eine Höchstzahl an optisch auffälligen Naturgütern, so Baab.
Die Idee kommt an
Für die Pressemitteilung befragte Experten sehen große Vorteile in dem Konzept. Sie gehen davon aus, dass es den ökologischen Anbau lohnenswerter machen wird. Schließlich nimmt Penny größere Mengen ab. Das senkte der Sortieraufwand und steigere den Gewinn, zumal es keine Preisnachlässe für „Bio-Helden“-Produkte geben soll.
Bei der Bevölkerung und Verbraucherschützern stößt die Idee bei ebenfalls auf Zustimmung. Der Nachrichtenagentur dpa zufolge zeigten Nutzer, die auf der Facebook-Seite der Verbraucherzentrale Hamburg an einer Umfrage zum Thema teilgenommen hatten, „eine große Bereitschaft, die Optik von Obst und Gemüse weniger wichtig zu nehmen.“
Nicht neu, aber konsequent
Wie die dpa weiter berichtet, haben andere Ketten wie Edeka, Rewe oder Netto immer wieder Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern in ihrem Sortiment. Allerdings handle es sich dann um zeitlich befristete Verkaufsaktionen mit Produkten aus konventionellem Anbau, die in der Regel wesentlich günstiger als die normierten Artgenossen über den Ladentisch gehen.
Eine Sprecherin von Aldi Nord dagegen betonte, dass man bei Lebensmitteln aus ökologischem Anbau aus dem ständigen Sortiment „eine höhere Toleranz bezüglich Form, Ausfärbung oder der äußeren Beschaffenheit“ habe. Bei normalem Obst und Gemüse bestehe der Discounter allerdings auf Ware der Handelsklasse 1.